Seite - 290 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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290 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal
Pfurtschellers Tätigkeit in fast zehn Jahren als Gemeindevorsteher nun präzise
nachzeichnen zu wollen wäre ein ausuferndes Unterfangen. Wohl im Juni 1815 er-
reichte Michael Pfurtscheller beispielsweise das folgende Beschwerdeschreiben des
Gemeindevorstehers von Mieders, Anton Seewald:
„Da heunte einige Miederer Nachpahrn in unsern Gschnalß [eine zwischen Mieders und
Fulpmes liegende Flur] von die Fulpmer Schaf ein Schaden melden haben sollen, und in
die Zukunft nicht mehr erleiden wollen, so ersuche ich dich, daß du den Schafer von Fulp-
mes mögst dringent erinnern absonderlich auf die guten Acht zu geben; damit wir recht
nachparlich leben können […]“11
Derartige Zeugnisse des sicherlich oft banalen Tagesgeschäftes eines Stubaier Ge-
meindevorstehers zu Beginn des 19. Jahrhunderts sind in Pfurtschellers schriftlichem
Nachlass nur wenige erhalten. Des Aufbewahrens für wert befunden wurden offenbar
andere Schriftstücke. Mit Blick auf das überlieferte Quellenmaterial ergeben sich vor
allem zwei große Agenden, die Pfurtscheller während seiner Amtszeit als Gemein-
devorsteher von Fulpmes beschäftigten: die bereits angesprochene Beseitigung der
großen Unwetterschäden des Jahres 180712 und – im Zusammenhang damit – die
dörfliche „Infrastruktur“ betreffende bauliche Maßnahmen auf der einen Seite, die
Verlegung des zuständigen Gerichtssitzes von Schönberg – später dann von Matrei
am Brenner13 – nach Fulpmes auf der anderen.
Nr. 45, Eintrag zum 29. Juli 1819. – Auf die Details der Amtsdauer Michael Pfurtschellers und seine
Entlassung aus dem Amt des Gemeindevorstehers wird noch näher eingegangen. (Vgl. Kap. 4.2.)
11 Anton Seewald an Michael Pfurtscheller, o. D. [Juni 1815], TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, II,
Bund 1, Nr. 8.
12 Vgl. Kap. 3.3.3.1.
13 Infolge des von Kaiser Franz I. am 14. März 1817 erlassenen Organisationspatents zur Gerichtsein-
teilung in Tirol und Vorarlberg wurde das Landgericht Stubai mit Sitz in Schönberg aufgelöst und
mit dem Gericht Matrei am Brenner zusammengelegt. Der Gerichtssitz war ab 1. Mai 1817 in Mat-
rei am Brenner. Das Landgericht Matrei umfasste nun die Gemeinden Matrei, Obernberg, Ellbögen,
Schönberg, Mieders, Telfes, Fulpmes und Neustift. (Vgl. Gerichtseinteilung 1817, April 1817, TLA,
Jüng. Gub., Allgemeine Aktenserie, Fasz. 2080, Nr. 8018 [liegt bei Nr. 243]; sowie: Amtsblatt zum
Kaiserl. Königl. privilegirten Bothen von Tyrol, Nr. 16, 17. April 1817, S. 35; sowie: „Ausweis über
die gemischten Gerichte in Tyrol und Vorarlberg, wie solche vom 1. Mai 1817 an, in Gemäßheit des
allerhöchsten Patents vom 14. März 1817 zu bestehen haben, und über die ihren Bezirken zugewie-
senen Gemeinden und Ortschaften.“ [= Beilage zum kaiserlichen Organisationspatent vom 14. März
1817], TLMF-Bib., W 17243 u. Dip. 968/70.)
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435