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292 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal
„Um die Gefahr zu Vermindern – wären wenigst noch Sechs Thalsperren nöthig, wenn selbe
durch Einheimische Maurer und Handlanger Erbauet würden, würde der Kosten ungefähr
auf 2500 f – xr zu stehen kommen.“19
Wie der Großteil der von Pfurtscheller in seinem Bericht erwähnten, gemeindeintern
durchgeführten wasserbaulichen Maßnahmen vor Ort organisiert wurde, ist aus dem
folgenden, am 2. November 1816 von Pfurtscheller an seine „werthesten Gemeinde
Nachbarn“ gerichteten Aufruf, sich an den Verbauungsarbeiten zur Sicherung von an
der Ruetz gelegenen Gemeindegründen zu beteiligen, ersichtlich:20
„Ich ersuche demnach noch gesamte Nachbarn, kinftige Woche in der Mihlwiese Hilfe
Arbeite der Gemeinde leisten zu wollen! Wenn es die Witterung gestattet? Würde man die
ganze Woche daselbst archen21.
Ich rechne auf Euren Werkthättigen Eifer […]
Auch oftberührter Archenbau wird bei der Nachwelt als ein gewerbfleissig und Einträch-
tiges Volk verdientermassen berühmt machen.
Wohlan dann, lasset uns an den Rest nicht verzagen, sondern thättig und mit gemeinsamen
Kräften daß erwünschte Ende erzweken, durch Friede und Einigkeit wird uns diese Last
nicht schwer fallen, sondern bald gar verschwinden.“22
Es waren also alle Einwohner des Ortes – „gesamte Nachbarn“ – aufgefordert, an den
Bachverbauungsmaßnahmen zur Sicherung der an der Ruetz gelegenen Gemeinde-
gründe – Mühlwiese genannt – mitzuwirken. Einen ganz ähnlichen Aufruf an die
Fulpmer verfasste Pfurtscheller nicht ganz ein Jahr später. Diesmal ging es um die Re-
paratur von Brücken und Wegen, die durch ein erneutes starkes Unwetter beschädigt
worden waren: „Saget Euren Dienstbothen und Kindern, daß selbe bei so kurzem
Tag – gut willig fortan prav arbeiten sollen! Damit man Unkosten erspaart, und alles
Nothwendige noch vor dem Winter fertig machet“, heißt es hier. Außerdem wurden
die Pferdebesitzer angehalten, ihre Tiere für notwendige Transporte zur Verfügung
zu stellen.23 Die Organisation der Arbeiten in Fulpmes lag also wohl in den Händen
von Gemeindevorsteher Pfurtscheller. Als von der landgerichtlichen Obrigkeit ein-
19 Ebd.
20 Vgl. Kap. 3.3.3.1.
21 Zur Bedeutung des Begriffs „Arche“ vgl. Kap. 3.3.3.1., Anm. 164.
22 Pfurtscheller an die Einwohner von Fulpmes, 2. November 1816, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
II, Bund 1, Nr. 15.
23 Pfurtscheller an die Einwohner von Fulpmes, 31. Oktober 1817, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
II, Bund 1, Nr. 18.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435