Seite - 296 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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296 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal
„4. Ist es ebenfalls im Inlande, und auch im Auslande bekannt, daß im Bezirke Stubay eine
beträchtliche Menge von Eisen- Stahl- und Meßing-Manufakturanten bestehen, welche
bisher, ohne Einrechnung des Materials von Zinn, Meßing, und Tomback36, auch Kupfer,
monatlich wenigstens Einhundert Zentner Eisen, und fünf und dreißig Zentner Stahl ver-
arbeiteten; anbey existieren hier sehr viele, und Handlungs Gesellschaften von Belang, wel-
che diese hier verfertigten Eisen- Meßing- Kupfer- und Stahl-Manufakturen übernehmen,
und zum Theil in Tyrol absetzen, größtentheils aber nach den Auslanden, als in die ganze
Schweitz, in die verschiedenen Gegenden des deutschen Reichs, in alle Oesterreichische
Erblande ausführen, und dadurch beträchtliche Summen Geldes in ihre Heymath bisher
zurückbrachten; worin der vorzüglichste Grund der Erwerbung für diesen Bezirke bestehet,
woher es sich aber auch schreibt und die richtige folge sich ergiebt, daß die gerichtlichen
Handlungen und rechtlichen Vorgänge hier weit vielfältiger und weit sonderbarer in ihrer
auf den sich ergebenden Gegenständen gegründeten Art sind, als in andere Bezirken, wel-
che mit diesem in geographischer Größe und Bevölkerungsstand ähnlich sind.“37
Mit der Wiedereinrichtung des Gerichtes Stubai als Landgericht dritter Klasse mit
Sitz in Schönberg im Jahr 181038 war zwar ein Etappensieg erreicht, dennoch war
Pfurtscheller mit der Situation nicht zufrieden. Er verfolgte weiterhin mit Nach-
druck die Verlegung des Gerichtssitzes nach Fulpmes. Zu diesem Zweck versuchte
er auch, die Vertreter der anderen im Tal gelegenen Gemeinden Mieders, Telfes und
Neustift auf seine Seite zu ziehen. Ein wohl an den Gemeindevorsteher von Neustift
36 Als Tombak werden Legierungen aus Kupfer und Zink bezeichnet. Der Unterschied zum aus den
gleichen Metallen bestehenden Messing ist der deutlich höhere Kupfergehalt. (Vgl. Karl Karmarsch/
Friedrich Heeren, Technisches Wörterbuch oder Handbuch der Gewerbekunde. In alphabetischer
Ordnung, Bd. 3, Prag 1844, S. 493.)
37 Vorstellung der Stubaier Gemeinden an König Maximilian I. Joseph, 1. März 1807, TLA, GLK für
Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1. – Landrichter Johann von Lama hatte bereits zwei Monate zuvor
die Mehrarbeit durch den Metallwarenhandel gegenüber dem Generallandeskommissariat folgen-
dermaßen beurteilt: „[…] die Vermehrung in Stubay wegen der vielen Eisen- und Messinghändler
beschränkt sich auf vielleicht 20 Abrechungen, und 100 Paßertheilungen mehr, als in einem anderen
Orte, eine Arbeit, die von keiner Bedeutung und Umfange ist“ (Vgl. Bericht von Lamas an das Ge-
nerallandeskommissariat, 20. Januar 1807, TLA, GLK für Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1.)
38 Vgl. Kap. 3.3.3.2. – Im Zuge der Einrichtung des Landgerichts dritter Klasse im Herbst 1810 wur-
den – sehr zum Missfallen des designierten neuen und alten Landrichters Joseph von Stolz – sowohl
Mieders als auch Fulpmes als mögliche Gerichtssitze erwogen. Schließlich kam man jedoch zum
Schluss, Fulpmes sei erstens aufgrund der zu großen Feuergefahr, die von den vielen Schmiedewerk-
stätten ausgehe, zweitens wegen des Überschwemmungsrisikos durch den Schlickerbach ungeeignet,
und Mieders liege so nahe an Schönberg, dass eine Verlegung in diesen Ort wenig Sinn mache. (Vgl.
Akten zur Frage des Gerichtssitzes, 5./15. November u. 17. Dezember 1810, TLA, Generalkommis-
sariat des Innkreises, Karton Nr. 24, 3/I/F-II/LG Stubai.)
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435