Seite - 299 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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4.1. Michael Pfurtscheller als Gemeindevorsteher 299
selbe die Unterthänige Bitte, dem Landgerichtlichen Sitz – von der Bezirksgränze Schön-
berg weg – tiefer in diesseitiges Thal verlegen zu lassen! indem die entlegensten Thalbewoh-
ner 6 ½ Stunden vom Obrigkeitlichen Sitze entfernet wohnen und daher um erleichterung
anflehen!“50
Ob beziehungsweise wo und wann dieses Bittschreiben an den Kaiser übergeben
wurde, ist fraglich. Der in drei Ausgaben ausführlich über den Innsbruckbesuch des
Monarchen berichtende „Bote von Tyrol“ erwähnt hinsichtlich einer etwaigen Au-
dienz für eine Deputation aus dem Stubaital nichts Relevantes.51 Eine Möglichkeit
zur Übergabe der Bittschrift könnte sich jedenfalls am 26. Oktober in Schönberg
ergeben haben: Michael Pfurtscheller hatte – wie wohl auch die übrigen Gemein-
devorsteher des Tales – als Hauptmann einer Schützenkompanie in Schönberg Auf-
stellung genommen, um den durchziehenden kaiserlichen Reisetross zu ehren.52 Im
Zuge dessen könnte die erwähnte Bittschrift übergeben worden sein.
Von Erfolg gekrönt waren die Bemühungen um eine Verlegung des zuständigen
Gerichtssitzes näher an beziehungsweise direkt nach Fulpmes jedenfalls nicht. Im
Gegenteil, denn das Ende Schönbergs als Sitz der Landgerichtsobrigkeit kam zwar
im Jahr 1817, doch es erfolgte nicht die erhoffte Verlegung des Gerichtssitzes tiefer
ins Stubaital. Stattdessen wurde das Landgericht Stubai ab 1. Mai dieses Jahres mit
dem Landgericht Matrei zusammengelegt. Der Landrichter saß nun noch weiter ent-
fernt, in Matrei am Brenner.53 Wenig überraschend beschwerten sich die Stubaier
Gemeinden nun weiterhin: So sah sich das Kreisamt Schwaz schließlich genötigt,
das Landgericht Matrei in einem Schreiben vom 23. August 1823 aufzufordern, die
Gemeinden des Tales „anzuweisen, die allerhöchste Entschließung abzuwarten“ und
einstweilen von weiteren Bittschreiben abzusehen – diese hatten sich nämlich zum
wiederholten Male mittels Majestätsgesuch bezüglich Gerichtssitzverlegung an den
Kaiser gewandt.54
Erst im Jahr 1826 wurde das Stubaital wieder zum eigenständigen Landgericht.
Das neuerbaute Amtsgebäude in Mieders wurde am 19. Oktober 1826 feierlich ein-
geweiht: „Die Schützen-Kompagnie unter der Anführung des Herrn Hauptmanns
50 Vgl. Entwurf Bittschreiben an Kaiser Franz I., o. D. [1815], TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, II,
Bund 1, Nr. 14.
51 Vgl. Der Bote von Tyrol, Nr. 84, 85 u. 86, 21., 25. u. 28. Oktober 1815, S. 805 f., 812 f. u. 821 f.
52 Zu den Vorbereitungen zur Ausrückung nach Schönberg am 26. Oktober 1815 vgl. TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, III, Bund 5, Nr. 6–14.
53 Vgl. Anm. 13.
54 Vgl. KA Schwaz an LG Matrei, 23. August 1823, TLA, Aktenserie LG Matrei, Fasz. 5, 1823, Abt.
XIV – „Publicum“.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435