Seite - 301 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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4.2. „Lästige“ administrative Ämter 301
am Tag nach der Wahl bat Pfurtscheller ihn nämlich in einem Schreiben, von diesem
Amt befreit zu werden, für dessen Ausübung er neben seinen anderen Geschäften gar
nicht die Zeit finden würde:
„So sehr daß Vertrauen Lobl.r Oberkeit und Gemeinde Vorsteher mir schmeichelte, wo-
durch ich gestern zum Stubaischen Gerichtskassier gewählt wurde, eben so unerwarttet war
mir diese Wahl, indeme doch alle wußten – daß ich mit einiger Arbeit vollauf überladen
bin, zudem oeftere Reisen machen muß, wo dann dieses Amt unbesetzet wäre ich gedenke
kinftig Frühjahr 1826 eine Handelsreise nach Italien zu machen, alwo ich 2 a 3 Mth [Mo-
nate] abwesend sein muß.
Ich glaube diese erheblichen Ursachen werden hinreichen mich hievon aus zu nehmen zu
befreien?“61
Der bisherige Kassier Anton Seewald solle doch überredet werden, das Amt weiter-
hin auszuüben, so Pfurtschellers Idee. Dazu sei nicht einmal eine neue Wahl nötig,
schließlich hätten die Gemeindevorsteher des Tals Seewald schon früher ihr Ver-
trauen ausgesprochen. Von Ottenthal möge sich doch bitte dahingehend verwenden,
dass Seewald weiter Kassier bleibe, bat Pfurtscheller, und machte weiter klar, dass er
auch bereit war, sich in dieser Angelegenheit an das Kreisamt in Schwaz zu wenden,
sollte der Landrichter seinen Wünschen nicht entsprechen:
„Also Euer Gnaden wage ich die dringende Bitte an Sie zu stellen, dahin Wirken zu wollen
– daß Seewald noch ferner Kassier bleibe!
Damit ich mir die Vorstellung an das Wohllobl. Kreisamt erspare, und meinen Geschäften
ungehindert obliegen mag, wodurch ich hiesiger Gem. [Gemeinde] u. Thalgegend indirect
mehr Nütze, als wenn ich als Kassier (Friedrich mit der leeren Tasche)62 diesen Ger. Bezirk
vorstehe.“63
Landrichter von Ottenthals Antwort wurde am 16. Dezember verfasst. Er zeigte zwar
Verständnis für Pfurtscheller, beteuerte jedoch, dass es nicht in seiner Macht liege,
61 Abschrift Michael Pfurtscheller an Joseph von Ottenthal, 11. Dezember 1825, TLMF, Hist. Samml.,
Nachl. MP, II, Bund 1, Nr. 23.
62 Eine Interpretation dieser wohl als scherzhaft zu bezeichnenden Bemerkung Pfurtschellers ist ohne
eine eingehendere Untersuchung zum Amt des Stubaier Gerichtskassiers in den Zwanzigern des
19. Jahrhunderts schwierig. Dass Pfurtscheller jedoch auf eine nur dürftig gefüllte Gerichtskasse
anspielt, darf wohl angenommen werden.
63 Abschrift Michael Pfurtscheller an Joseph von Ottenthal, 11. Dezember 1825, TLMF, Hist. Samml.,
Nachl. MP, II, Bund 1, Nr. 23.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435