Seite - 302 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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302 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal
dessen Wünschen zu entsprechen. Außerdem sei es doch übertrieben, dass Pfurtschel-
ler aufgrund seiner Geschäfte keine Zeit für das Amt des Kassiers habe:
„So sehr ich ihre großen Geschäfte kenne, so könnte ich bey meiner Amts Pflicht doch
niemals bestättigen, daß Sie nicht neben selben auch die Pflichten eines Gerichtskassiers
versehen können.“64
Von einem Rekurs beim Kreisamt in Schwaz, wie von Pfurtscheller in seinem oben
zitierten Schreiben an ihn implizit angedroht, rät der Landrichter jedenfalls dringend
ab:
„[…] sollten Sie den noch einzigen Weeg eines Rekurses einschlagen, so glaube ich doch,
daß Sie damit nicht reußieren werden, ich gestehe aber wirklich, daß dieser Schritt mir aus
mancher Ursache unangenehm seye, und bey dem Volke, wie bey den hohen Behörden
Sensation und Aufsehen erregen müßte, ich kann mich destwegen nicht überzeugen, daß
Sie diesen auffallenden Schritt bey ihren Einsichten einschlagen werden.“65
Von den Mahnungen des Landrichters offenbar unbeeindruckt verfasste Pfurtscheller
am 22. Dezember 1825 den Entwurf zu einem Beschwerdeschreiben an das zustän-
dige Kreisamt. Seine Argumentation war dabei dieselbe wie gegenüber dem Landge-
richt, er erklärte jedoch für die mit seinen Geschäften weniger vertrauten Beamten in
Schwaz eingehender, warum er keine Zeit für das Amt habe:
„Er [Pfurtscheller] muß eine Nothwendige Geschäfts reise im herannahende Jahr durch
Italien selbst unternehmen – um mit seine Abnehmer zu Liquidieren, und Neue Kund-
samen aufzusuchen – um mehreren Absatz für hiesige Erzeugnisse zu Erzwecken, wodurch
er dieser Thalgegend wirklich mehr zu Nützen vermeint, als wenn er als Kassier verhindert,
sein Eigenes geschäft schmälern u. leider Vernachlässigen muß;“66
Die Eingabe an das Kreisamt blieb aber wohl ein Entwurf und wurde nie abgeschickt.
Die in Pfurtschellers Nachlass erhaltenen Quellen legen vielmehr nahe, dass ein Weg
gefunden wurde, die Angelegenheit ohne die Einbeziehung des Kreisamtes in der
Region aufzulösen. In einem Rundschreiben an die Gemeindevorsteher des Tales er-
64 Joseph von Ottenthal an Michael Pfurtscheller, 16. Dezember 1825, TLMF, Hist. Samml., Nachl.
MP, II, Bund 1, Nr. 24.
65 Ebd.
66 Entwurf Pfurtscheller an KA Schwaz, 22. Dezember 1825, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, II,
Bund 1, Nr. 26.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435