Seite - 303 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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4.2. „Lästige“ administrative Ämter 303
suchte Pfurtscheller diese, durch ihre Unterschriften zuzustimmen, den bisherigen
Kassier Anton Seewald dazu zu überreden, im Amt zu bleiben und, falls dies nicht
möglich sein sollte, eine neue Wahl durchzuführen. Landrichter von Ottenthal hatte
Pfurtscheller offenbar zuvor wissen lassen, dass eine solche Neuwahl nur auf Ansu-
chen der Gemeindevorsteher durchführbar wäre:
„An die Wohlgeachten Gemeinde Vorsteher – im Thale Stubaj!
Ich habe gegen die Neue Kassierwahl bei dem Vorgesezt Lobl. K.K. Landgerichte Mieders
Schriftlich und Mündliche Vorstellung gemacht – und um Befreiung von dieser Bürde
gebethen.
Allein Hr. Landrichter gab mir den Bescheid ‚Wenn es die Ortsvorsteher dahin bringen,
daß Hr. Anton Seewald in Mieders noch ferner Kassier bleibe, seye es ihme Recht‘;
Wenn aber Seewald vielleicht nicht mehr zu bewegen ist so müßten die Ortsvorsteher um
Eine Neue Wahl – bej der Obrigkeit anlangen! […] zudem ist es jeden Vorsteher bekannt
– daß meine Gewerbe und Handlung – wobej oeftere Reisen nothfallen, meine ganze Thät-
tigkeit ansprechen!!
Jeder Unpartheyische muß einsehen, daß ich ohne Handgreiflichen Schaden kein Fremdes
Geschäft mehr besorgen kann.
Daß mir kein Nachtheil zugemuthet werden will, dieses hoffe ich von der Billigkeit der ge-
genwärttigen Gem. Vorsteher, und bitte selbe – den mitkommenden Aufsatz67 – um meine
Befreyung gefälligst Unterschrieben, und den Überbringer Urban Vergörer (welcher noch
ein mehrers mündlich eroefnen wird) mitgeben zu wollen!
Schlüßlich Danke ich aufrichtig für daß mir dadurch geschenkte Zutrauen, und es thut
mir anderer seits leid – denselben für dermal nicht entsprechen zu können, indeme meine
Söhne noch zu jung sind: und die Hauptsorgen noch wirklich auf mir laßten.
Ich hoffe daß ihr meine Bitte erhören – und mich für dermal frej lassen werdet?“68
Das Schreiben wurde, wie von Pfurtscheller erbeten, von den fünf Gemeindevorstehern
von Schönberg, Mieders, Telfes, Fulpmes und Neustift unterzeichnet.69 In der Folge
wurde dann wohl auch tatsächlich eine Neuwahl des Gerichtskassiers vorgenommen
– Seewald hatte sich also nicht dazu bewegen lassen, das Amt weiterhin zu überneh-
men. Pfurtscheller bemerkt auf der Rückseite eines Schriftstückes, das wahrscheinlich
67 Als Entwurf zu diesem „Aufsatz“ ist wohl das folgende Schriftstück zu identifizieren: Entwurf Ge-
meindevorsteher an LG Matrei, 24. Dezember 1825, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, II, Bund 1,
Nr. 29.
68 Pfurtscheller an Gemeindevorsteher des Stubaitals, 23. Dezember 1825, TLMF, Hist. Samml.,
Nachl. MP, II, Bund 1, Nr. 27.
69 Vgl. ebd.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435