Seite - 325 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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5.2. Michael Pfurtscheller heiratet 325
Form der Überlieferung komme bei Heiratskontrakten recht häufig vor, so Marga-
reth Lanzinger in ihrer Untersuchung der Verträge in den Gerichten Welsberg und
Innichen aus den Jahren 1750 bis 1850. Bei der Aufteilung der Hinterlassenschaft
Anna Leners waren natürlich die im Ehepakt mit Ehemann Michael Pfurtscheller
getroffenen Vereinbarungen relevant.47 Der vor diesem Hintergrund ins Verfachbuch
aufgenommene Vertrag zwischen Anna Lener und Michael Pfurtscheller ist gerade
einmal eine Seite lang und umfasst lediglich sechs Punkte. Auf die Details und Be-
sonderheiten des Vertrages soll in der Folge näher eingegangen werden:
„Heute an dem zu Ende gesezten Tage – ist zwischen Michael Pfurtscheller Bierwirth u.
Handelsmann in Fulpmes als Bräutigam an einem, und der wohlgeachten Jungfrau Anna
Creszenz Lenerin von Mieders als Braut am anderen Theile folgender Ehevertrag geschlos-
sen worden,
1. haben sich beyde Theile (nach erhaltener Bewilligung beyderseitigen Eltern) bis auf die
Priesterliche Einsegnung, mittels Wechslung der Ringe, ehelich verlobet.
2. erklärte die Braut – ein Heurathsgut von paar Ein [das Heiratsgut wurde als Bargeld
eingebracht] Tausend Gulden T.W. [Tiroler Währung], auch eine 4 jährige Kuhe nebst
sonst gewöhnlichen Sämmer48 – Leib und Bettgewand mitzubringen.
3. der Bräutigam verspricht – obigen Betrag – mit zweytausend Gulden aus seiner Ver-
mögenheit zu widerlegen, und hiemit zugleich zu verschreiben: beydes aber, Heuraths-
gut und Widerlage, soll auf Überleben bedungen seyn. Und den überlebenden Theil
– außer der überdies Gesetzmäßig betreffenden Erbparzion [Erbteil] – unstreittig zum
Eigenthume verbleiben.
4. für Morgengabe und Hochzeitskosten – wird nichts ausgeworfen – und auch nichts
aufgerechnet.
5. jenes Vermögen aber, welches bejde Theile während ihrer Ehe – Erben, oder durch
thättigen Fleiß erwerben, oder sonst auf rechtmäßige Art – an sich bringen, soll ein
Gemeinschäftliches gut seyn; doch muß dermalliges Vermögen der Braut (mit aus-
nahme jenseitiger Ein Tausend Gulden) im fall des Unglücks oder Verhausen, nichts
Michael Pfurtschellers Ehefrau „Anna Maria [sic!] Lener“ 1813 gestorben sei, ist nicht richtig. (Vgl.
Granichstaedten-Czerva, Familiengeschichte, 1954, S. 114 f.)
47 Vgl. Lanzinger, Heiratskontrakte, 2010, S. 216 f. u. 311. – Da die gerichtliche Protokollierung von
Heiratskontrakten nicht verpflichtend war, fanden sicherlich nicht alle Eingang in die Verfachbücher
der betreffenden Gerichte – zumal eine solche Protokollierung mit einem gewissen Aufwand und mit
Kosten verbunden war.
48 Als „Seimer“ bezeichnet Josef Schatz in seinem Wörterbuch der Tiroler Mundarten „die Fuhre
mit dem Heiratsgut der Braut“. (Vgl. Josef Schatz, Wörterbuch der Tiroler Mundarten, Bd. 2
(Schlern-Schriften 120), Innsbruck 21993, S. 571.)
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435