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326 5. Familie Pfurtscheller
zu büßen haben, sondern die übrige Vermögenheit – so noch in beyläufig 2350f T.W.
[Tiroler Währung] bestehet, ihr – Weibs oder Eisengut verbleiben! – Doch endlich
6. haben sich beyde Theile gegenseitig den Lebenslänglichen Vermögensgenuß zuge-
sichert, mit dem Spezialen Beysatz – die anhoffende Descendenz [künftige Kinder]
bestmöglich zu bilden und Christlich – unklagbar zu erziehen, und für dessen unter-
kommen nach thunlichkeit gut zu sorgen! […]
Sig. Fulpmes im Thal Stubay den 9ten September Anno 1805.
Michael Pfurtscheller Bräutigam
Anna Lenerin Braut49
[…]“50
Der erste Punkt des Ehepaktes ist im Hinblick auf die – wie bereits erwähnt – auf-
grund des Fehlens von entsprechenden Quellen schwer fassbare Eheanbahnung von
Interesse. Es fand also bereits vor der Eheschließung eine Verlobung statt, in de-
ren Rahmen auch bereits Ringe ausgetauscht wurden.51 Es war zwar im Vorfeld die
Zustimmung der Eltern eingeholt worden, doch scheinen – zumindest im Ehepakt
– eindeutig Braut und Bräutigam die aktive Rolle in der Anbahnung ihrer Eheschlie-
ßung gespielt zu haben.
Das Heiratsgut – beziehungsweise das „Heurathsgut“ – der Braut und die diesem
gegenüberzustellende „Widerlage“ des Bräutigams regeln die Punkte Zwei und Drei
des Vertrages.52 Das Heiratsgut wurde von der Braut in die Ehe mitgebracht und
sollte der Deckung von dem Ehemann durch die Ehe anfallenden Kosten dienen.53
Eine Widerlage, wie sie Michael Pfurtscheller in Höhe von 2000 Gulden in die Ehe
einbrachte, war hingegen von vornherein auf die Versorgung der Witwe im Fall des
vorzeitigen Ablebens des Mannes vorgesehen.54 Das dem Vertrag in diesen Punkten
zugrundeliegende Verständnis beruht auf den Regelungen des seit 1787 gültigen Jo-
49 Im Hinblick auf die Braut Anna Lener ist zu bemerken, dass sie – zumindest ihrer Unterschrift nach
zu schließen – wohl eine durchaus geübte Schreiberin war.
50 Ehepakt Michael Pfurtscheller und Anna Lener, 9. September 1805, TLA, VB Stubai, 34/245, Re-
gisterteil 2, Bl. 196 r–200 v.
51 Richard van Dülmen weist darauf hin, dass der Ring als Ehepfand, der die Braut hinsichtlich des
Eheversprechens des Mannes absichern sollte, schon seit der frühen Neuzeit verbreitet war. Auch
den Ringwechsel anlässlich der Verlobung habe es „schon früh“ gegeben. (Vgl. Richard van Dülmen,
Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit, Bd. 1: Das Haus und seine Menschen, München 31999,
S. 143.)
52 Zur Begrifflichkeit vgl. Forster, Handlungsspielräume, 2007, S. 113.
53 Vgl. ebd., S. 98–104.
54 Vgl. ebd., S. 104.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435