Seite - 329 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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5.2. Michael Pfurtscheller heiratet 329
Neustift“, vom 5. Januar 1805,65 der von Maria Stolz und dem Telfer Handelsmann
Georg Denifl vom 1. März 180566 und der von Agnes Jäger und dem Medrazer Ger-
bermeister Joseph Kolb vom 2. Juli 1805.67 Der Lener-Pfurtschellerische Ehepakt
unterscheidet sich von diesen Verträgen in mehreren Punkten.
Im ersten Punkt dieser Verträge wird jeweils das Einbringen der Braut in die Ehe
und zugleich auch der Güterstand geregelt. Anders als Anna Lener, die nur etwa ein
Drittel ihres vorehelichen Vermögens in Form eines Heiratsgutes von 1000 Gulden
einbrachte, übergaben die drei erwähnten Frauen ihren Ehemännern jeweils ihr ge-
samtes Vermögen „zum Genuß und Verwaltung“.68 In zwei Fällen wird dies dezidiert
nicht nur für voreheliches Vermögen der Frauen, sondern auch für während der Ehe
erworbenes bestimmt.69
Im Gegenzug wird auch nicht wie von Michael Pfurtscheller eine Widerlage er-
bracht, die drei Bräutigame verschreiben jeweils ihr gesamtes Vermögen als Sicherheit
für das Einbringen ihrer Bräute.70 Auf eine darüber noch hinausgehende Versiche-
65 Ehepakt Christian Kindl und Maria Denifl, 5. Januar 1805, TLA, VB Stubai, 34/238, Bl. 9 f.
66 Ehepakt Georg Denifl und Maria Stolz, 1. März 1805, TLA, VB Stubai, 34/238, Bl. 111 f.
67 Ehepakt Joseph Kolb und Agnes Jäger, 2. Juli 1805, TLA, VB Stubai, 34/238, Bl. 280 f.
68 Vgl. Ehepakt Christian Kindl und Maria Denifl, 5. Januar 1805, TLA, VB Stubai, 34/238, Bl. 9
f.; sowie: Ehepakt Georg Denifl und Maria Stolz, 1. März 1805, TLA, VB Stubai, 34/238, Bl. 111
f.; sowie: Ehepakt Joseph Kolb und Agnes Jäger, 2. Juli 1805, TLA, VB Stubai, 34/238, Bl. 280 f.
– Eine klare Differenzierung zwischen den Begriffen „Vermögen“, „Einbringen“ und „Heiratsgut“
ließen die von Margareth Lanzinger untersuchten Heiratskontrakte aus den Gerichten Welsberg und
Innichen vermissen. Welche rechtlichen Folgen die Verwendung welches Begriffes nach sich zog, sei
daher fraglich. Diese Problematik betrifft auch den Umgang mit den Stubaier Heiratskontrakten.
(Vgl. Lanzinger, Heiratskontrakte, 2010, S. 250 f.) Die Übergabe des Vermögens der Frau in die
Hände ihres Ehemanns, zur Verwaltung und Nutzung durch diesen, wurde jedenfalls, so Lanzinger,
bereits in der Tiroler Landesordnung im 16. Jahrhundert geregelt. (Ebd., S. 252 f.)
69 Vgl. Ehepakt Georg Denifl und Maria Stolz, 1. März 1805, TLA, VB Stubai, 34/238, Bl. 111 f.;
sowie: Ehepakt Joseph Kolb und Agnes Jäger, 2. Juli 1805, TLA, VB Stubai, 34/238, Bl. 280 f.
70 Vgl. Ehepakt Christian Kindl und Maria Denifl, 5. Januar 1805, TLA, VB Stubai, 34/238, Bl. 9 f.;
sowie: Ehepakt Georg Denifl und Maria Stolz, 1. März 1805, TLA, VB Stubai, 34/238, Bl. 111 f.;
sowie: Ehepakt Joseph Kolb und Agnes Jäger, 2. Juli 1805, TLA, VB Stubai, 34/238, Bl. 280 f. – In
der Tiroler Landesordnung war eine Widerlage nicht vorgesehen. Daher stand dem Mann nach
dem Tod seiner Ehefrau auch nicht der Genuss des von der Frau eingebrachten Heiratsguts bezie-
hungsweise Vermögens zu. (Vgl. Lanzinger, Heiratskontrakte, 2010, S. 253.) Margareth Lanzinger
kam in ihrer Untersuchung der Heiratskontrakte in den Verfachbüchern der Gerichte Welsberg
und Innichen aus den Jahren 1750 bis 1850 zu dem Befund, dass in dieser Region eine „Wider-
lage“ – der Tiroler Landesordnung folgend – nicht üblich war, betont jedoch die in dieser Zeit
stark ausgeprägten regionalen Unterschiede hinsichtlich der diesbezüglichen Gepflogenheiten. (Vgl.
Lanzinger, 2010, S. 251.) Auf Basis ihrer Beobachtungen darauf zu schließen, dass die Regelung von
Heiratsgut und Widerlage im Lener-Pfurtschellerischen Vertrag eine Besonderheit darstellt, ist daher
nicht möglich. Allerdings finden sich auch in den drei im Gerichtsprotokoll von 1805 überlieferten
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435