Seite - 335 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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5.2. Michael Pfurtscheller heiratet 335
Elisabeth Wolf brachte also – verglichen mit den Vermögenswerten, über die
Pfurtschellers erste Ehefrau Anna Lener verfügt hatte – ein Vielfaches an Vermögen
in die Ehe mit. Allein schon daraus lässt sich ableiten, dass sich auch Michael Pfurt-
schellers Vermögenssituation aller Wahrscheinlichkeit nach in den Jahren zwischen
1805 und 1814 beträchtlich verbessert haben muss. Eine Heirat mit ihm wäre an-
sonsten aus der Sicht Elisabeth Wolfs kaum standesgemäß gewesen, und an standes-
gemäßen Männern wird es angesichts des offensichtlich großen geografischen Radius
ihrer Partnersuche nicht gefehlt haben.
Tatsächlich hatte sich Michael Pfurtschellers sozioökonomischer Status erst wenige
Jahre zuvor deutlich verbessert – auch durch zwei Todesfälle in der Familie, wie sich im
Folgenden zeigen wird. Im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung seines Stiefvaters
Johann Volderauer am 18. Dezember 1799 hatte Pfurtscheller noch zu Protokoll ge-
geben, durch das Testament seines Stiefvaters „etwas Gefehrdet zu sein“.95 Der Grund
dafür war wohl der in Teilen bereits zitierte achte Punkt des besagten Testaments,
durch den der leibliche Sohn Johann Volderauers, Franz, nach erreichtem 25. Lebens-
jahr als alleiniger Erbe des Handelsgeschäftes eingesetzt wurde. Das übrige Vermögen
sollte zwischen der Witwe Gertraud Wiesflecker und Pfurtschellers Stiefbruder Franz
Volderauer aufgeteilt werden. Pfurtscheller sollten indes in den folgenden fünf Jahren
von Mutter und Stiefbruder jährlich 250 Gulden ausbezahlt werden, da er gezwungen
war, die stiefväterliche Handlung einstweilen alleine weiterzuführen.96
Die Sorgen Michael Pfurtschellers waren nicht berechtigt gewesen. Auch nach
dem 25. Geburtstag seines Stiefbruders führten die beiden die Eisenwarenhandlung
zunächst gemeinschaftlich weiter. Im Frühjahr 1811 entschied sich Franz Volderauer
dann jedoch offenbar dazu, sich vom Handelsgeschäft „gegen Übernahme mehr ge-
sicherter Activ-Gegenstände zu trennen“. Pfurtscheller hatte seinen Stiefbruder und
Mitgesellschafter Franz Volderauer für dessen Austritt aus dem Handlungsgeschäft
mit rund 25.700 Gulden aus dem Gesellschaftsvermögen finanziell zu entschädigen.
Die Auflösung der stiefbrüderlichen Gesellschaft vor dem Landgericht in Schönberg
am 8. April 1811 machte Michael Pfurtscheller im Gegenzug zum alleinigen Chef
der noch bis 1815 unter dem Namen Johann Volderauers Erben weiterlaufenden
Firma. Ab 1. August letzteren Jahres führte Michael Pfurtscheller die Firma dann
unter seinem eigenen Namen weiter.97
95 Vgl. Verlassenschaftsabhandlung Johann Volderauer, 18. Dezember 1799, TLA, VB Stubai, 34/230,
Bl. 372–402, hier: Bl. 400 r u. v.
96 Vgl. ebd., Bl. 375 v–376 r.
97 Vgl. Vermögensaufteilung Franz Volderauer – Michael Pfurtscheller, 8. April 1811, TLA, VB Stubai,
34/244, Registerteil 3, Bl. 39–55; sowie: Gedrucktes Rundschreiben Namensänderung Firma, 1.
August 1815, TLA, Aktenserie LG Matrei, Fasz. 2, 1823, Abt. IV.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435