Seite - 346 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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346 5. Familie Pfurtscheller
71 Jahre alt, die beiden Besitzsöhne 30 beziehungsweise 29, seine jüngste Tochter
bereits 14 Jahre alt.148 Das Bild des Ehemannes und Vaters als unumstrittener „Herr
im Haus“ und autoritäres Familienoberhaupt trifft zu diesem Zeitpunkt für Michael
Pfurtscheller somit nur noch bedingt zu. Zum Folgenden ist also zu berücksichtigen,
dass Johann und Franz Pfurtscheller bereits erwachsen waren, die Familiengeschäfte
in ihren Händen lagen. Und auch Anna Pfurtscheller, aus deren Feder ebenfalls ein
Schreiben an ihren Bruder Franz erhalten ist, war zu diesem Zeitpunkt bereits erwach-
sen, verheiratet und lebte in Schwaz.
Von den insgesamt zehn im Nachlass Michael Pfurtschellers erhaltenen Briefen
an Franz Pfurtscheller wurden sieben von dessen älterem Bruder Johann verfasst,
zwei stammen vom Vater Michael Pfurtscheller selbst und einer von Franz’ Schwester
Anna. Zu vier der sieben Briefe Johann Pfurtschellers fügte Michael Pfurtscheller
außerdem jeweils eine Nachschrift hinzu.
Am augenfälligsten sind die Grußformeln am Beginn und am Ende der genannten
Briefe. Bereits diese weisen jeweils auf ein inniges Verhältnis zwischen den verschie-
denen Protagonisten hin. Johann Pfurtscheller eröffnet seine Schreiben mit „Lieber
Bruder“ oder „Liebster Bruder“ und beendet sie mit Wendungen wie „Adieu mon
tres cher, ton affection!“, oder „Ich umarme dich im Geiste aufs brüderlichste und
bin Dein stets aufrichtiger Johann!“.149 Michael Pfurtscheller begrüßt seinen Sohn
mit „Vielgeliebter Sohn Franz“ und beschließt seine Schreiben mit „Gott sei mit
Dir“, beziehungsweise „Von alle an alle Millionen Grüße“.150 Franz’ Schwester Anna
eröffnet ihr Schreiben mit „Mein innigst geliebter Bruder!“ und verabschiedet sich
mit „auf baldiges gesundes Wiedersehen mich freuend küßet Dich im Geiste Deine
Dich stets liebende Schwester Anna“.151
In den Briefen erstattet Johann seinem Bruder Bericht über den Gang der Han-
delsgeschäfte, die das Brüderpaar – wie nun schon mehrfach erwähnt – seit 1844
führte, über tages- beziehungsweise kommunalpolitisch relevante Vorgänge sowie
über die Berichterstattung in den heimischen Zeitungen.152 Auch Michael Pfurt-
scheller berichtet von den neuesten Ereignissen am oberitalienischen Kriegsschau-
platz sowie von politischen Streitigkeiten im Stubaital.153 In einem seiner beiden
148 Taufbuch Fulpmes I, II u. III, TLA, Mikrofilm Nr. 0660, Abschn. 3–5.
149 TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV, Bund 1, Nr. 53, 55, 56, 59, 60, 62 u. 84.
150 TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV, Bund 1, Nr. 61 u. 73.
151 Anna Pfurtscheller an Franz Pfurtscheller, 29. Mai 1848, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV, Bund
1, Nr. 118.
152 TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV, Bund 1, Nr. 53, 55, 56, 59, 60, 62 u. 84.
153 Michael Pfurtscheller an Franz Pfurtscheller, 22. Mai 1848, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV,
Bund 1, Nr. 73.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435