Seite - 348 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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348 5. Familie Pfurtscheller
laenger hier – und wenn meine vernünftigen Ansichten daß jetzt eine Reise im Sinne Hr.
Papa, ganz nicht am Platze ist, bei ihm nicht durchdringe, und er sich nicht bewegen laeßt
den Anton zu besuchen sobald Ruhe + Friede hergestellt ist, ihn jetzt aber nicht laenger
aufzuhalten, so wird unser bisheriges friedliches und trautes Familien Leben, einen uner-
setzbaren Eintrag erleiden!“160
Michael Pfurtscheller ließ sich indes von den Einwänden seines Sohnes Johann of-
fenbar nicht von seinem Vorsatz abbringen, die Reise zu unternehmen. In seinem
Schreiben vom 21. Mai 1848 – also vier Tage später – konstatiert Johann knapp: „Hr.
Papa + Anton reisen heute fort.“161
Daneben sind alle Briefe an Franz Pfurtscheller geprägt von der Sorge um ihn.
Sein „großer“ Bruder Johann – dieser ist etwas über ein Jahr älter162 – schreibt etwa:
„Bei allem was Dir heilig ist beschwoere ich Dich, gehe nicht über die Tyroler Graenze, eins
ist das Land gegen Einfaelle vertheidigen, ein anderes in das Nachbar Land einfallen; und
ebenso gut kann der heute Sieger ist, ein anderes mal der Besiegte sein._
Mich reuet es außerordentlich Dich in diesen Krieg ziehen gelassen zu haben, und keine
Nacht vergeht, wo mir nicht von Dir träumt, kehre baldmögl. zurück, lasse Dich nicht
durch Lob und Ruhmesaussichten irre leiten, noch ein mal rufe ich Dir hoffentlich nicht
vergebens zu, überschreite in keinem Falle Tyrols Graenzen.“163
Auch ihre Eltern seien der Ansicht, dass Franz sich ja nicht verleiten lassen solle, die
Landesgrenzen zu überschreiten, so schreibt Johann:
160 Johann Pfurtscheller an Franz Pfurtscheller, 17. Mai 1848, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV,
Bund 1, Nr. 60. – Der 16-jährige Anton Pfurtscheller sollte also wohl – wie bereits erörtert wahr-
scheinlich zu Ausbildungszwecken – nach Triest reisen. Sein Vater wollte ihn auf dieser Reise wohl
begleiten, um ihm unterwegs „die Merkwürdigkeiten Venedigs“ zu zeigen. Johann plädierte wohl
dafür, seinen Bruder alleine abreisen zu lassen. Der Vater sollte ihn dann in Friedenszeiten besuchen.
– Zu den Auslandsaufenhalten der Söhne Michael Pfurtschellers vgl. Kap. 5.3.4.
161 Johann Pfurtscheller an Franz Pfurtscheller, 21. Mai 1848, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV,
Bund 1, Nr. 84. – Auch Schwester Anna Pfurtscheller war über die innerfamiliären Kontroversen im
Bezug auf die Italienreise ihres Vaters und ihres Bruders offenbar informiert. In ihrem Brief vom 29.
Mai 1848 bemerkt sie abschließend: „Hr. Vater u. Anton werden wohl jetzt in Triest sein.“ (Anna
Pfurtscheller an Franz Pfurtscheller, 29. Mai 1848, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV, Bund 1,
Nr. 118.)
162 Vgl. Taufbuch Fulpmes I u. II, TLA, Mikrofilm Nr. 0660, Abschn. 3 u. 4.
163 Johann Pfurtscheller an Franz Pfurtscheller, 20. Mai 1848, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV,
Bund 1, Nr. 59.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435