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350 5. Familie Pfurtscheller
in München ausgenommen168 – ausgebildet wurden, doch lassen deren berufliche
Tätigkeiten im Erwachsenenalter Schlüsse auf die von ihnen genossene Ausbildung
zu. Johann und Franz übernahmen die väterlichen Handelsgeschäfte in Fulpmes, Mi-
chael Junior betreute die Handelsniederlassung in Steyr und auch Anton war als Han-
delsmann tätig.169 In zwei verschiedenen Quellen wird der Stellenwert, den ihr Vater
dem Faktor Ausbildung beimaß, ansatzweise deutlich. Bereits im Ehepakt zwischen
Anna Lener und ihm aus dem Jahr 1805 wurde unter Punkt sechs festgehalten, dass
„die anhoffende Descendenz [künftige Kinder] bestmöglich zu bilden und Christlich
– unklagbar zu erziehen“ sei.170 Fast vierzig Jahre später spezifiziert Pfurtscheller dann
diese „bestmögliche Bildung“ geringfügig: Im Zuge der Vermögensübergabe an seine
Söhne Johann und Franz verfügt er für den Fall seines Ablebens, dass seine zu diesem
Zeitpunkt noch minderjährigen Kinder – 1844 waren dies Michael, Theresia, Anton
und Kreszentia – „einzig nur bürgerlich und keineswegs in einem Kloster erzogen,
und zur häuslichen Arbeit angehalten werden sollen“.171 Wie diese „bürgerliche Er-
ziehung“ konkret aussehen sollte, lässt sich jedoch wiederum auf der Grundlage der
168 Vgl. Anm. 141 u. 144.
169 Vgl. Vermögensübergabe Michael Pfurtscheller – Johann und Franz Pfurtscheller, 30./31. Oktober
1844, TLA, VB Stubai, 34/318, Bl. 692–712; sowie: Verzeichnis der Heimatscheine 1855–1869,
TLA, Gemeindearchiv Fulpmes, Schuber 3, Pos. III, Abschn. Gemeindewesen, Nr. 59, Nr. 268; so-
wie: Hueber, Michael Pfurtscheller, 1891, S. 30; sowie: Trauungsbuch Imst V, Mikrofilm Nr. 0806,
Abschn. 3. – Über etwaige berufliche Tätigkeiten der 1809 beziehungsweise 1821 geborenen Söhne
Joseph und Ferdinand geben die vorliegenden Quellen keine Auskunft. Ersterer starb 26-jährig am
8. September 1835 als Patient des „Irrenhauses“ in Hall. Auch er sollte eigentlich zum Handelsmann
ausgebildet werden. Aufgrund seiner psychischen Krankheit, die sich laut Krankengeschichte etwa
ab 1830 verstärkt bemerkbar machte und die später als Wahnsinn beziehungsweise Melancholie
und Hypochondrie diagnostiziert werden sollte, war er jedoch wohl nie wirklich arbeitsfähig. Seine
letzten zweieinhalb Lebensjahre verbrachte er erst im Stadtspital in Innsbruck, dann in der „k.k.
Irrenanstalt“ in Hall in Tirol. Sein Bruder, der bereits erwähnte Ferdinand Pfurtscheller, starb bereits
im Alter von 27 Jahren. Quellen weisen darauf hin, dass er zwar sein letztes Lebensjahr – Mai 1848
bis April 1849 – krankheitsbedingt in seinem Heimatort Fulpmes verbrachte, eigentlich jedoch
auswärts – wohl als Leiter der Pfurtscheller’schen Handelsniederlassung in Steyr – beruflich tätig
gewesen war. (Vgl. Taufbuch Fulpmes I u. II, TLA, Mikrofilm Nr. 0660, Abschn. 3 u. 4; sowie: Ver-
lassenschaftsabhandlung Joseph Pfurtscheller, 10. Juni 1836, TLA, VB Stubai, 34/303, Bl. 142–149;
sowie: Patientenakt Joseph Pfurtscheller, 1833–1835, Historisches Archiv Landeskrankenhaus Hall
i. T. (Psychiatrie); sowie: TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV, Bund 1, Nr. 62 u. 118.)
170 Ehepakt Michael Pfurtscheller und Anna Lener, 9. September 1805, TLA, VB Stubai, 34/245, Re-
gisterteil 2, Bl. 196 r–200 v.
171 Vgl. Vermögensübergabe Michael Pfurtscheller – Johann und Franz Pfurtscheller, 30./31. Oktober
1844, TLA, VB Stubai, 34/318, Bl. 692–712, hier: Bl. 712 r. – Diese Formulierung stammt aus der
Feder des Gerichtsschreibers, der die Vermögensübergabe zu Protokoll nahm. Ob sie folglich dem
genauen Wortlaut der verbalen Äußerung Michael Pfurtschellers entspricht, ist nicht zu klären. Dies
wird jedoch angenommen.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435