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354 5. Familie Pfurtscheller
Angesichts dieser niedrigen Quote scheint das Ergebnis der Auslosung des Jahres
1839 im Stubai wie ein außerordentlicher Zufall: Franz Pfurtscheller, geboren 1818,
hatte das Los mit der Nummer eins gezogen, sein um ein Jahr älterer Bruder Johann
jenes mit der Nummer zwei. Gleich zwei Söhne Michael Pfurtschellers waren also im
Zuge dieser einen Auslosung stellungspflichtig geworden.188 Dabei waren an diesem
31. Oktober 1839 immerhin 49 Männer aus dem ganzen Landgericht Mieders los-
pflichtig gewesen,189 von denen wohl nur zwei definitiv eingezogen werden sollten.190
Über derartiges Lospech waren wohl weder die beiden Pfurtscheller-Brüder noch
deren Familienangehörige erfreut, war doch die Verpflichtung zum Militärdienst im
ganzen Land alles andere als beliebt. Es sei „mit jedem Befreiungstitel Missbrauch“
getrieben worden, „nur um dem verhassten Militärdienst zu entgehen“, wie Oswald
Gschließer in seiner Untersuchung „zur Geschichte des stehenden Heeres in Tirol“
anmerkt und gleichzeitig einige Extremfälle als Beispiel anführt: Da eine Vorstrafe
vom Militärdienst ausschloss, sei vielfach versucht worden, sich durch Gesetzesver-
stöße der Dienstverpflichtung zu entziehen, andere hätten sich gar von Kinderlosen
adoptieren lassen, um sodann als „einziger Sohn“ der Rekrutierung zu entgehen.191
Im Laufe der Jahre wurden – im bereits zitierten „Amts-Unterricht zur Ergänzung
188 Vgl. Einstandsmann für Franz Pfurtscheller, 2. Dezember 1839, TLA, VB Stubai, 34/308, Bl. 364;
sowie: Einstandsmann für Johann Pfurtscheller, 10. Dezember 1839, TLA, VB Stubai, 34/308, Bl.
365.
189 Vgl. LG Mieders an KA Schwaz, 31. Oktober 1839, TLA, Aktenserie KA Schwaz, Fasz. 437, Abt.
Komplettierungsakten 1839, LG Mieders. – Auf der Rückseite findet sich eine Abschrift der Erwi-
derung des Kreisamtes vom 3. November 1839. Auch diese enthält wertvolle Informationen zum
Ablauf der Auslosung am 31. Oktober 1839. So ist etwa ersichtlich, dass das ganze Landgericht
Mieders zu einem Losungsdistrikt zusammengefasst worden war. (Vgl. Abschrift KA Schwaz an LG
Mieders, 3. November 1839, TLA, Aktenserie KA Schwaz, Fasz. 437, Abt. Komplettierungsakten
1839, LG Mieders; sowie: Anm. 185.)
190 Vgl. Abschrift KA Schwaz an LG Mieders, 3. November 1839, TLA, Aktenserie KA Schwaz, Fasz.
437, Abt. Komplettierungsakten 1839, LG Mieders. – Nachdem das Landgericht Mieders dem
Kreis amt in Schwaz eine Liste mit allen 49 „Loosenden“ übermittelt hatte, bemerkte ein Beamter
dort: „Es war überflüssig hierin alle 49 Loosenden aufzunehmen, da es gereicht hätte die Kontin-
gents- u. Reserve-Männer allenfalls bis 6-7 [gemeint sind die Losnummern 6 und 7] aufzunehmen.“
Daraus geht hervor, dass wohl nur die Losnummern 1, 2 und vielleicht auch noch 3 – Tauglichkeit
vorausgesetzt – tatsächlich zum Militärdienst herangezogen wurden. Detaillierte Quellen zum Ab-
lauf der Losung 1839 fehlen jedoch leider sowohl in den Akten des Landgerichtes Mieders als auch
in denen des Kreisamtes Schwaz und schließlich auch des Landesguberniums. Die in einem zeit-
genössischen Sachrepertorium des Guberniums in Sachen Kaiserjäger vermerkten diesbezüglichen
Akten sind nicht mehr vorhanden. (Vgl. Rekrutenstellungausweise und Losungserfolgsanzeigen der
Kreisämter; Rekrutenbedarf per 1839, TLA, Jüng. Gub., Abt. Kaiserjäger, b/104 u. a/10823. – beide
Akten nicht mehr vorhanden, verzeichnet jedoch in: TLA, Jüng. Gub., Sachrep. S 567.)
191 Vgl. Gschließer, Geschichte des stehenden Heeres, 1954, S. 94 f. u. 99.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435