Seite - 357 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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5.3. Michael Pfurtscheller als Familienvater 357
„Uebrigens wird das Gesuch des Michael Pfurtscheller um die Bewilligung zur Unterstel-
lung eines Ersatzmannes für diese seine zwey Söhne mit Loos Nr. 1 und 2 […] zur gnädigen
Berücksichtigung und Bittsgewährung empfohlen; denn diese zwey Söhne sind sein rechter
Arm, und ihm bei seinen vorgerückten Alter von 62 Jahren wirklich durchaus unentbehr-
lich, er ist aber auch im Stande für seine beiden Söhne ohne seine Familie zu nahe zu tret-
ten, einen Ersatzmann zu stellen.“204
Wie bereitwillig Michael Pfurtscheller die hohen Einstandsgelder für seine beiden Söhne
aufbrachte, zeigt sich daran, dass er offenbar gar nicht erst versuchte, diese auf anderem
Wege vor dem Militärdienst zu bewahren. Die beiden hatten sich nicht einmal der
üblichen ärztlichen Voruntersuchung im Rahmen der Auslosung unterziehen müssen,
durch die eine etwaige Untauglichkeit schon frühzeitig, vor der eigentlichen Musterung
durch die sogenannte Assentierungskommission, ausgeschlossen hätte werden können.
Für die beiden Söhne des „anerkannt sehr wohlhabenden“ Michael Pfurtscheller wurde
seitens des Landgerichtes Mieders diesbezüglich also eine Ausnahme gemacht, die das
Kreisamt später als „nicht klug“ rügte. Sollte Pfurtscheller nicht auf eine „Tauglich-
keitserklärung“ für seine Söhne verzichten, müssten sich diese einer Nachuntersuchung
unterziehen, hieß es aus Schwaz weiter.205 Offenbar legte Michael Pfurtscheller jedoch
keinen großen Wert auf eine derartige „Tauglichkeitserklärung“. So konnte das Land-
gericht Mieders das Kreisamt am 18. November 1839 davon in Kenntnis setzen, „daß
Michael Pfurtscheller auf die Tauglichkeits-Erklärung seiner Söhne Franz und Johann
verzicht geleistet habe“.206 Er zog es also vor, für einen unter Umständen untauglichen
Sohn einen Einstandsmann zu bezahlen. Der für alle anderen Lospflichtigen üblichen
ärztlichen Untersuchung durch das Landgericht Mieders sollten sich seine Söhne nicht
unterziehen müssen. Welche Beweggründe ihn zu dieser Entscheidung veranlassten,
lässt sich allerdings aufgrund der erhaltenen schriftlichen Quellen nicht feststellen.
Ebenso unmöglich ist eine Einschätzung der tatsächlichen Zufälligkeit des Ergebnisses
der Militärauslosung des Jahres 1839, bei der Johann und Franz Pfurtscheller so viel
Pech hatten – den Stubaiern blieb jedenfalls durch die Stellung der zwei Einstandsmän-
ner für die Pfurtscheller-Söhne in diesem Jahr die Aushebung von Rekruten aus ihren
Reihen erspart. Offensichtlich ist hingegen, dass es für Michael Pfurtscheller nicht in
Frage kam, seine Söhne durch das Militär einziehen zu lassen.
204 Vgl. LG Mieders an KA Schwaz, 31. Oktober 1839, TLA, Aktenserie KA Schwaz, Fasz. 437, Abt.
Komplettierungsakten 1839, LG Mieders.
205 Vgl. Abschrift KA Schwaz an LG Mieders, 3. November 1839, TLA, Aktenserie KA Schwaz, Fasz.
437, Abt. Komplettierungsakten 1839, LG Mieders.
206 Vgl. LG Mieders an KA Schwaz, 18. November 1839, TLA, Aktenserie KA Schwaz, Fasz. 437, Abt.
Komplettierungsakten 1839, LG Mieders.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435