Seite - 370 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Bild der Seite - 370 -
Text der Seite - 370 -
370 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
mit man vom Fiskus möglichst geschont werde.35 Außerdem betont Pfurtscheller in
derselben Absicht die finanziellen Risiken eines so ausgedehnten Handels wie dem
der Stubaier Häuser.
Auch sollten – nach den Vorstellungen Pfurtschellers – die Gewinne der Stubaier
Händler vor dem Hintergrund der „habsüchtigen Regierung“ sowie aus Sorge, die
seinem Handelshaus zuliefernden Schmiede könnten eine höhere Beteiligung am
Verkaufserlös fordern, niedriger angegeben werden, als sie tatsächlich waren. Das
geht aus dem Schreiben Högweins an Michael Pfurtscheller vom 14. September 1821
hervor. Ersterer erweist sich darin als für Pfurtschellers Änderungswünsche durchaus
empfänglich, legt diesem sogar eine Argumentationslinie nahe, sollte es aufgrund des
Inhalts seines Artikels zu Diskussionen über die Gewinne aus den Handelsgeschäften
kommen. Um die Hintergründe der Angaben in Högweins Artikel zu beleuchten,
soll nun der Inhalt seines Schreibens an Michael Pfurtscheller etwas ausführlicher
wiedergegeben werden:
„In Betreff des Handels nach dem Italienischen Auslande und nach Oestreich habe ich mit
Rücksichtnahme auf die 15.000 f, die nach den innern österreichischen Provinzen für die
von dorther zu beziehenden Fabrikate gehen, eine Modifikation vorgenommen, und eben
so viel für die Ausfuhr in das Ausland und nach Oestreich, also für beide um dies mehr an-
genommen, weil der Herr Mathias36 gesagt hat die ganze Produktion von Fabrikaten würde
wohl 200.000 f betragen. So wie wir sie zuerst angenommen haben betrüge 170.000 f, nun
beträgt sie 185.000 f, es bleiben aber für Stubai doch nicht mehr als 80.000 f Arbeitsgewinn
für 620 Arbeiter und die Handelsleute, welche Summe nicht nur zum Lebensunterhalt
sondern auch zur Reparatur der Gebäude, Felder und Wege, die die Wasserschäden nöthig
machen, verwendet wird. Ich habe diese Schäden seit 1772 bis gegenwärtig, und zwar auch
aus dem großen Aufsatz erhoben, auf 1,200.000 f angeschlagen, und gesagt, daß Stubai
verheert seyn würde, wenn ihm nicht das Geld aus dem Handel zu Gute gekommen wäre –
So fällt in 49 Jahren, nämlich seit 1772 bis jetzt, ein jährlicher Gewinn von 80.000 f volle
15 Jahre weg. […]
35 Auf diese altbewährte Argumentationslinie der Tiroler wurde an anderer Stelle bereits hingewiesen.
(Vgl. Kap. 3.3.2.)
36 Gemeint ist hier wohl Matthäus, beziehungsweise Mathias Pfurtscheller. Dieser „Vetter“ Michael
Pfurtschellers war seit 1. August 1815 Prokurist der Pfurtscheller’schen Handlung, ab 1. Oktober
1826 Geschäftsführer. (Vgl. Rundschreiben Pfurtscheller an seine Kunden, 1. Oktober 1826, TLA,
Aktenserie LG Mieders, Fasz. 35, 1800–1827 (loses, ungeordnetes Aktenmaterial ganz am Ende
dieses Faszikels); sowie: Fotokopie gedruckte Version Rundschreiben Pfurtscheller an seine Kunden,
1. Oktober 1826, Pfarrarchiv Fulpmes, Militärkoffer Dachboden, Fotokopien Material Kirchturm-
kugel.)
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435