Seite - 377 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Bild der Seite - 377 -
Text der Seite - 377 -
6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 377
Auch in anderen Quellen ist diese Entwicklung vor dem Hintergrund einer seit 1792
andauernden Kriegsperiode und der damit verbundenen wirtschaftlichen Krisensi-
tuation ersichtlich. Unter Berufung auf die „Diöcesan-Kataloge“ der Diözese Brixen
spricht Andreas Alois Dipauli von einem Rückgang von 4396 auf 3911 Bewohnern
zwischen 1775 und 1812.67 Ein drastischer Bevölkerungsrückgang zwischen 1802
und 1811/12 erscheint also – besonders vor dem Hintergrund der krisenhaften Ent-
wicklungen dieser Jahre – umso einleuchtender. Die Differenz von 175 Personen
zwischen den Werten für den Zeitraum von 1. Oktober 1811 bis 30. September
1812 – 3736 – und dem von Dipauli für das Jahr 1812 kolportierten – 3911 – weist
jedoch wiederum darauf hin, dass im Umgang mit derartigem zeitgenössischem Da-
tenmaterial mit Unschärfen zu rechnen ist.
Für den Bereich der Landwirtschaft bietet die „Montgelas-Statistik“ weit detaillier-
tere Angaben als die um rund zehn Jahre ältere „Staatsgüterbeschreibung“. Die Größe
der Anbauflächen und das Verhältnis zwischen Aussaat und Ertrag je nach Getreideart
wurden ebenso exakt erhoben wie die Vieh-Stückzahlen. Bei den Rindern wird gar
zwischen Kühen, Stieren, Ochsen und Kälbern unterschieden.68 Angesichts dieser De-
tailliertheit stellt sich die Frage nach den Erhebungsmethoden. Umsomehr, als in den
meisten Kategorien – beispielsweise bei den erwähnten Anbau- und Viehbestandssta-
tistiken – nicht nur jeweils ein Gesamtwert für das ganze Landgericht erhoben wird,
sondern für insgesamt 62 Ortsteile, Weiler und Einödhöfe gesondert Werte angegeben
werden.69 Der Schluss, dass Landrichter Schieder, der erst am 30. Dezember 1812 das
Amt des Stubaier Landrichters übernommen hatte und von dem nun am 13. Februar
1813 jede einzelne der Tabellen unterzeichnet wurde, wohl auf eine ganze Reihe von
Auskunftspersonen zurückgreifen musste, um all diese Werte zu erheben, liegt daher
nahe. Tatsächlich bestimmt die bereits erwähnte Verordnung aus dem Jahr 1809, durch
welche die Durchführung der Erhebungen geregelt wurde, sogar – beispielsweise in der
Frage des Erntertrages – „hauptsächlich die verständigsten Landwirthe jedes Ortes zu
vernehmen“.70 Wer diese Ansprechpartner im Stubaital waren und wie es um die Ver-
lässlichkeit ihrer Angaben bestellt ist, lässt sich jedoch nicht ermitteln.
Im Hinblick auf die – für das Stubaital wie erwähnt wichtige – Produktion von
und den Handel mit Metallwaren sind vor allem die drei Tabellen zu Manufakturen
Nr. 1868, Abschn. 2, Bl. 165 r–169 r.
67 Vgl. Kap. 6.3.3.
68 Vgl. Feldbau Stubai, 13. Februar 1813, cgm 6849(21 (Pflanzenreich), TLA, Mikrofilm Nr. 1869,
Abschn. 2, Bl. 132 v–135 r; sowie: Viehbestand Stubai, 13. Februar 1813, cgm 6850(21 (Tierreich),
TLA, Mikrofilm Nr. 1869, Abschn. 3, Bl. 130 r–133 v.
69 Vgl. ebd.
70 K.B. Reg.-Bl. 1809, Nr. 74, 25. Oktober 1809, Sp. 1723.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435