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378 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
und Fabriken, Künstlern und Handwerkern sowie zu Kaufleuten und Krämern von
zentraler Bedeutung.71 Während in anderen Quellen stets eine Anzahl von „Meis-
tern“ angegeben wird, in deren Werkstätten die Metallwaren produziert werden, fällt
hier auf, dass im Erhebungsformular für die „Künstler und Handwerker“ keine Ru-
brik vorgegeben ist, in welche die Anzahl der Schmiedemeister einzutragen wäre.72
Die Produktion der Metallwaren wird stattdessen in der gesonderten Tabelle der Ma-
nufakturen und Fabriken zu einer in Fulpmes angesiedelten „Eisen- und Stahlfabrik“
mit 200 „Arbeitern“ zusammengefasst.73 Damit ist jedoch nicht – und das wird sich
aus der Bearbeitung weiterer Quellen im folgenden Kapitel74 zeigen – „Fabrik […]
als Stätte zentralisierter Produktion, in der eine größere Anzahl von Arbeitskräften in
einem arbeitsteiligen Produktionsprozess und unter Verwendung von […] Maschi-
nen gleichförmige Güter in großer Stückzahl für den Verkauf herstellt“ gemeint.75
„Die vorindustrielle Verwendung des Terminus Fabrik hob nicht auf ein spezifisches
Betriebssystem ab, sie implizierte weder die Zusammenfassung eines arbeitsteiligen
Produktionsprozesses in einer zentralisierten Werkstätte noch den Einsatz von Ar-
beits- oder Antriebsmaschinen“, vielmehr weist die Bezeichnung der Metallwaren-
produzenten als „Fabrik“ wohl eher auf den Versuch hin, „einen dezentralen Zusam-
menhang von formal selbstständigen Handwerkern“ zu beschreiben.76 In wie vielen
71 Vgl. Manufakturen und Fabriken Stubai, 13. Februar 1813, cgm 6851(21 (Manufakturen und Fab-
riken), TLA, Mikrofilm Nr. 1869, Abschn. 4, Bl. 84 v; sowie: Künstler und Handwerker Stubai, 13.
Februar 1813, cgm 6852(21 (Künstler und Handwerker), TLA, Mikrofilm Nr. 1870, Abschn. 1, Bl.
66a v–69a r; sowie: Handel Stubai, 13. Februar 1813, cgm 6853(19 (Kaufleute und Krämer), TLA,
Mikrofilm Nr. 1870, Abschn. 2, Bl. 129 r–131 r.
72 Vgl. Künstler und Handwerker Innkreis, 1. Februar 1814, cgm 6852(21 (Künstler und Handwer-
ker), TLA, Mikrofilm Nr. 1870, Abschn. 1, Bl. 4 v–7 r; sowie: Künstler und Handwerker Stubai,
13. Februar 1813, ebd., Bl. 66a v–69a r. – Die vorhandenen Kategorien waren Apotheker, Baader
und Chirurgen, Bäcker, Blecharbeiter (Spengler), Bottichmacher und Fassbinder, Büchsenmacher,
Dreher und Drechsler, Färber, Fischer, Fleischer und Metzger, Geschmeidmacher, Gold- und Silber-
arbeiter, Glaser, Hosenbinder, Hebammen, Hufschmiede, Jäger, Kupferschmiede, Maurer, Getrei-
demüller, Sägemüller, Pfannenschmiede, Rotgärber, Schlosser, Schneider, Schuster, Sensenmacher,
Tischler, Wagner, Waffenschmiede, Weber, Weinwirte und Zimmerleute. (Künstler und Handwer-
ker Stubai, 13. Februar 1813, ebd., Bl. 66a v–69a r.) Aus den Angaben, es habe zwar einen Kupfer-,
jedoch weder Pfannen- oder Waffenschmiede noch Sensenmacher gegeben, wird klar, dass die Ver-
mutung, sämtliche Stubaier Schmiedemeister könnten in diesen Unterkategorien aufgegangen sein,
nicht haltbar ist.
73 Vgl. Manufakturen und Fabriken Stubai, 13. Februar 1813, cgm 6851(21 (Manufakturen und Fab-
riken), TLA, Mikrofilm Nr. 1869, Abschn. 4, Bl. 84 v.
74 Vgl. Kap. 6.3.1.
75 Stefan Gorißen, Fabrik, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 3, Stuttgart–Weimar 2006, Sp. 740–747,
hier Sp. 740.
76 Ebd., Sp. 741. – Weitere Handwerker, deren Tätigkeit wohl in einem Naheverhältnis zur Metallwa-
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435