Seite - 380 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Bild der Seite - 380 -
Text der Seite - 380 -
380 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
und en detail“ und „Krämer“.80 Jörg Rode macht jedoch in seiner auf den Daten
der Montgelas-Statistik basierenden Analyse des „Handel[s] im Königreich Bayern
um 1810“ zwei, diese Kategorisierung betreffende, Hauptprobleme aus: Erstens –
und dieser Punkt ist im Hinblick auf das Stubaital, in dem keine Nennungen in
dieser Kategorie erfolgten,81 weniger bedeutend – seien aus dem für den Speditions-
und Kommissionshandel angegebenen Gesamtwerten der gehandelten Waren keine
Rückschlüsse auf den Umsatz dieser Händlergruppe möglich, kassierte diese doch
eine üblicherweise nach dem Gewicht oder Volumen der transportierten Fracht und
nicht nach deren Warenwert berechnete Provision.82 Zweitens scheine „die Zusam-
menfassung von Groß- und Detailhandel bei gleichzeitiger Trennung der Krämer in
der Montgelas-Statistik […] bereits zum Zeitpunkt der Erhebung nicht frei von Wi-
dersprüchen gewesen zu sein“, und sei „vielfach wohl willkürlich“ erfolgt, so Rode.83
Im Stubaital entschied man sich offenbar für eine Zweiteilung des Handels in die
der Kategorie „Verkäufer oder Kaufleute en gros u. en detail“ zuzuordnenden „Eisen,
Stahl und Geschmeidwarenhändler“ und in „Spezerei, Schnitt und Wollen Waaren
Krämer“, die zu den „Krämern“ gezählt wurden, wobei sich entlang dieser Trennlinie
auch ein relativ großes Gefälle hinsichtlich der Angaben zum Wert der gehandelten
Waren klar erkennen lässt.84 Anhand des Beispiels des Handelsunternehmens Johann
Volderauers Erben, dessen Geschäfte von Michael Pfurtscheller geführt wurden, lässt
sich die aus dieser Unterteilung erwachsende Problematik illustrieren: Bereits als
Michael Pfurtschellers Vater Matthäus von Großvater Blasius das Handelsgeschäft
übernahm, befanden sich im Warenlager neben Eisenwaren offenbar auch Band- und
Tuchwaren sowie Öl, Schmalz, Tabak, Leder und Schnaps.85 Dies ist jedoch nicht der
einzige Hinweis darauf, dass ein und dasselbe Handelshaus im Sinne der erwähnten
80 Vgl. Handel Stubai, 13. Februar 1813, cgm 6853(19 (Kaufleute und Krämer), TLA, Mikrofilm Nr.
1870, Abschn. 2, Bl. 129 r–131 r.
81 Joseph von Stolz bezeichnet die Verlags- beziehungsweise Handelshäuser Johann Volderauers Erben,
Kapferer und Ralling im Rahmen seiner Ausführungen im Rahmen seiner Antworten zu den Re-
cherchen des erwähnten, nie erschienenen Artikels im „Sammler für Geschichte und Statistik von
Tirol“ indes bereits im Jahr 1807 als „Speditions-Handlungen“. (Vgl. Joseph von Stolz beantwortet
Fragen zum Stubaital, o. D. [1807], Statistische Nachrichten vom Thale Stubay, zusammengestellt
von Andreas Alois Dipauli, TLMF-Bib., Dip. 1035/III, Teil C, Nr. 38.)
82 Vgl. Rode, Handel im Königreich Bayern, 2001, S. 45.
83 Ebd., S. 48. – Im Landgericht Kufstein etwa wurden sämtliche Händler der Kategorie „Krämer“
zugeordnet. (Vgl. Handel Innkreis, 1. Februar 1814, cgm 6853(19 (Kaufleute und Krämer), TLA,
Mikrofilm Nr. 1870, Abschn. 2, Bl. 2 v–9 r.)
84 Vgl. Handel Stubai, 13. Februar 1813, cgm 6853(19 (Kaufleute und Krämer), TLA, Mikrofilm Nr.
1870, Abschn. 2, Bl. 129 r–131 r.
85 Vgl. Vermögensübergabe Blasius Pfurtscheller – Matthäus Pfurtscheller, 6. Juli 1772, TLA, VB Stu-
bai, 34/200, Bl. 303–313; hier: Bl. 308 v.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435