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388 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
noch in der Technischen Sammlung des Hauses erhalten sind.108 Im Verzeichnis der
Zeugnisse und Urkunden Michael Pfurtschellers ist hierzu vermerkt:
„Dem Vaterländischen Museum [wurde] ein niedliches Komodkästschen – mit vier Muster-
karten [geschenkt], worauf 222 Stück Eisengeschmeid und Meßingwaren genähet wurden,
dieses wurde unter der Anleitung des Michael Pfurtscheller im verjüngten Maßstab hier in
Fulpmes verfertigt.“109
108 Aus der Literatur ergibt sich der Eindruck, Michael Pfurtscheller hätte diese Schaukästen auf eigene
Kosten fertigen lassen und in seinem Namen dem Ferdinandeum geschenkt. (Vgl. Egg, Kleinei-
senindustrie, 1987, S. 238–240. – Hier finden sich auch Schwarzweißfotografien der Musterkäs-
ten.) Tatsächlich jedoch stellte Pfurtscheller den Gerichtsgemeinden des Tales für das von ihnen in
Auftrag gegebene Geschenk den Betrag von 50 Gulden – mit der Bemerkung „dasselbe kam höher
zu stehen“ – in Rechnung. Seine Forderung wurde von den Gemeinden jedoch erst nach längeren
Diskussionen auf dem Wege eines gerichtlichen Vergleichs im Jahr 1838 beglichen. (Vgl. Vergütung
für Geschenke Michael Pfurtschellers, 17. März 1838–18. Juli 1838, TLA, Aktenserie LG Mieders,
Fasz. 46, 1838–1839, Abt. XVI – 1838.)
109 Verzeichnis Zeugnisse, Urkunden und Diplome, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I, Bund 1, Nr.
48, Eintrag zum 5. Mai 1820. – Hier findet sich auch die in roter Farbe hinzugefügte Ergänzung, der
Eintrag würde das Jahr 1825 betreffen. Das Ferdinandeum wurde schließlich erst 1823 gegründet.
Erich Egg, Direktor des Landesmuseums von 1960 bis 1985 – schrieb 1987 dazu: „1824 wurde von
Pfurtscheller dem Tiroler Landesmuseum ein furniertes Kästchen zu seiner Gründung (1823) über-
geben, in dessen vier Laden 222 Erzeugnisse der Stubaier Eisenwarenproduktion in verkleinertem
Maßstab dargestellt sind.“ (Egg, Kleineisenindustrie, 1987, S. 242.) Tatsächlich jedoch wurden die
erwähnten Schaukästen wohl erst Ende April 1825 dem Ferdinandeum überreicht. Das geht aus
einem Schreiben Pfurtschellers an das Landgericht Mieders hervor: „Auf vorläuffiges – mündliches
Verlangen der Gerichtsbezirkausschüsse, habe laut Beleg Lit. A [fehlt!] für Rechnung u. im Nahmen
der Gemeinden des Thales Stubai – in Gesellschaft des Kassiers u. Mitdeputierten Hrn Anton See-
wald v. Mieders – am 28 April 1825 ein Geschenk von 222 Stük Stahl und eisenwaaren – an das Fer-
dinandeum in Innsbruck eingeliefert […].“ (Rechnung für Geschenk, 17. März 1838, TLA, Akten-
serie LG Mieders, Fasz. 46, 1838–1839, Abt. XVI – 1838.) – Derartige Miniaturen verschenkten die
Stubaier offenbar auch an „hohen Besuch“: „Simon Peer zu Fulpmes verfertigte eine Art Meisterwerk
in der Form eines Kästchens, in welchem alle Stubeier Waaren im verjüngten Maßstabe ungemein
niedliche gearbeitet enthalten sind. Ein solches Kästchen wurde dem Könige von Baiern bei seiner
Anwesenheit in Innsbruck im Mai 1808; dann I.M. [Ihrer Majestät] der Erzherzogin Maria Louise
und Sr. [Seiner] k.k. Hoheit dem Erzherzog Kronprinz, in den Jahren 1822 und 1823 von Depu-
tierten der Stubeier Gemeinden überreicht.“ (O. A., Das Thal Stubei und dessen Bewohner, 1825,
S. 203.) Am 26. Oktober 1815 wurde Kaiser Franz I. in Schönberg ein ähnliches Geschenk – „ei-
nige ihrer selbst fabrizierende Eisengeschmeidwaaren Muster – im verjüngten Maaßstab“ überreicht.
(Vgl. Joseph von Stolz an Michael Pfurtscheller, 18. Oktober 1815, TLMF, Hist. Samml., Schachtel
„Zünfte – Schmiede im Stubaital“, Nr. 17; sowie: Entwurf Begleitschreiben Pfurtscheller an Kaiser
Franz I., 26. Oktober 1815, TLMF, Hist. Samml., Schachtel „Zünfte – Schmiede im Stubaital“, Nr.
18; sowie z. B.: Rechnung von Joseph Lener, 27. Oktober 1815, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
III, Bund 3, Nr. 14.)
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435