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400 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
delskompanien unterschied. Der Wettbewerbsvorteil, den sich Pfurtscheller gegen-
über den anderen Kompanien errungen hatte, beruhte vor allem auch auf einem
anderen Absatzmodell, so schreibt Joseph von Stolz im Jahr 1807. Statt selbst die
Waren in die Absatzgebiete zu liefern und dort zu verkaufen, sei man „nach gemach-
ten Bekanntschaften auf den weit nützlicheren Gedanken“ gekommen, „höchstens
hin, und wieder mit Muster Karten, und Preis Listen solche reisen vorzunehmen, die
ihnen zu Erlangung neuer Korrespondenzen und Handlungs Freunde dienlich seyn
können“.147
Das Pfurtscheller’sche Absatzmodell war folglich als Versand- beziehungsweise als
„Speditionshandel“ eingerichtet. Neben Pfurtscheller gab es mit Kapferer-Ralling
noch ein zweites Handelshaus, das auf diese Art und Weise arbeitete. Beiden Unter-
nehmen war durch die beschriebene Arbeitsweise eine Preisgestaltung möglich, die
zwar ein Mithalten mit ausländischen Mitbewerbern ermöglichte, die Produzenten
und die nach dem alten Muster – Warenniederlagen im Ausland, verbunden mit
zeitlicher Auswanderung dorthin – agierenden Handelskompanien allerdings in Zug-
zwang brachte. Joseph von Stolz beschreibt den Verdrängungswettbewerb zwischen
den herkömmlichen Handelskompanien und den Häusern Pfurtscheller und Kapfe-
rer-Ralling folgendermaßen:
„Hieraus läßt es sich nun leicht erklären, daß die Innhaber dieser Verlags Handlungen, die
ihre Geschäfte mittels Korrespondenzführung treiben, und im Auslande gar keinen Verzeh-
rungs Aufwand haben, auch wegen des immerwährenden Tausch Verkehrs mit den Fabri-
kanten selbst bey dem Einkaufe der Waaren fast durchaus die Vorhand genießen, ungleich
besser stehen, als die auswandernden Handlungs Gesellschaften, die außer den theuren
Fracht Aufwand von ihrem Famillien Tische abgesondert in fremden Provinzen den täg-
lichen Lebens Unterhalt bezahlen müßen. Um das, was diese Zehrungs Kosten betragen,
können die Verleger, oder Spediteurs in loco, die Stubayer Waar im Ausland wohlfeiler
absetzen, und die Erfahrung zeiget es, daß diese bey den Fabrikanten schon so viel Bestel-
lungen machen, als ungefähr Sechs von den Kompagnien zu machen im Stande sind.“148
147 Joseph von Stolz beantwortet Fragen zum Stubaital, o. D. [1807], Statistische Nachrichten vom
Thale Stubay, zusammengestellt von Andreas Alois Dipauli, TLMF-Bib., Dip. 1035/III, Teil B, Nr.
40.
148 Joseph von Stolz beantwortet Fragen zum Stubaital, o. D. [1807], Statistische Nachrichten vom
Thale Stubay, zusammengestellt von Andreas Alois Dipauli, TLMF-Bib., Dip. 1035/III, Teil C, Nr.
28.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435