Seite - 405 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 405
Pfurtscheller zu einem Fulpmer Schmied erlaubt eine Rechnung und zugleich Quit-
tung vom 1. Mai 1817, die Pfurtscheller nach dem Tod des Fulpmer Messerschmieds
Mathias Schmied, Hausname „Walz“, an dessen Bruder ausstellte. Hier wird der
Zusammenhang zwischen den Schulden der Schmiede und ihrer Produktion für
Pfurtschellers Verlag offensichtlich: Zwischen März 1815 und September 1817 lie-
ferte Pfurtscheller an Schmied demzufolge Rohstoffe wie Eisenblech, Bockhorn und
verschiedene Stahlsorten sowie Lebensmittel wie Gerste und Roggen. Der Verleger
bezahlte zudem offenbar 1816 auch den „Hauszins“, also die Miete, für Schmied,
der überdies wohl auch noch eine Rechnung in Pfurtschellers Krämerei offen hatte.
Außerdem lässt der Posten „13. Juli 1816: für ein Kistel alte Kleider! Wein Spesen
zahlt 5 f 51 x“ darauf schließen, dass Schmied von Pfurtscheller, in dessen Wirtshaus
er womöglich hatte anschreiben lassen, auch eingekleidet wurde. Im Gegenzug er-
hielt Pfurtscheller kein Bargeld, sondern Lieferungen verschiedener Messersorten,
die Schmied offenbar in seiner Werkstatt produzierte.165
Im Jahr 1827 verfasst Landrichter Alois von Guggenberg einen Bericht an das
Kreisamt in Schwaz, in dem er diese Vorgehensweise Pfurtschellers scharf kritisiert:
„Recurrent [Pfurtscheller] ist Verleger rohen Eisens, hat einen sehr bedeutenden Verlag an
Eisengeschmeide Waaren, führet nebenbei Tuch- und andere Schnittwaaren, und hat auch
Victualien [Lebensmittel] im Verlage.
Als Eisen- und Eisengeschmeidwaaren Verleger hat er das Monopol für sich, weil die Ver-
hältnisse des 2ten Verlegers zu Vulpmes immer mißlicher werden, und den übrigen Eisen-
waren Händlern nur wenige Artikel der Stubaier Fabrication zu beziehen conveniren.
Es sind die Klagen einiger Comercial-Schmiede zu diesem Landgerichte gedrungen: Re-
current [Pfurtscheller], der Herr des Preises der Stubaier-Fabricate setze diesen willkührlich
herab, und bedinge den Bezug derselben auf die Abnahme seines rohen Eisens, der Tuch-
und Schnittwaren, und seiner Verlags-Victualien.
Sich den Absatz seiner so von ihnen bezogenen Eisengeschmeidwaaren zu sichern, und
denselben möglichst zu erweitern, schlage er diese oft unter dem Ankaufspreise los, setze
dagegen auf sein rohes Eisen, und die übrigen Verlags Artikel, die er ihnen aufdringe, um
billige zu hohe Procent.“166
165 Vgl. Rechnung und Quittung für Mathias Schmied, 1. Mai 1817, TLA, Aktenserie LG Mieders,
Fasz. 41, 1833–39, Abt. „1833 – Akten des Bez. Gerichtes in Mieders“. – Der offene Betrag von 78
Gulden und 17 Kreuzern wurde vom Bruder des Verstorbenen an Michael Pfurtscheller bezahlt.
166 Abschrift LG Mieders an KA Schwaz, 27. Juni 1827, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 35, 1800–
1827 (loses, ungeordnetes Aktenmaterial ganz am Ende dieses Faszikels). – Ähnliche Spannungen
hatte es auch schon zwischen Michael Pfurtschellers Großvater Blasius und den Schmieden gegeben:
Im Jahr 1766 wandten sich die Fulpmer Messerschmiede an die Obrigkeit mit der Beschwerde,
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435