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6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 409
Die Wendungen des Prozesses, die Entscheidungen der Gerichte, die Eingaben
Pfurtschellers und die Repliken der Geklagten würden an dieser Stelle zu viel Platz
einnehmen und sind im Hinblick auf Michael Pfurtscheller als Eisenwarenverleger
auch nicht primär von Interesse. Bemerkenswert erscheint allerdings, dass Pfurtschel-
ler gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichtes Bregenz, in dem ihm am 19.
November 1827 beschieden wurde, er möge die Echtheit des besagten Inkassoauftra-
ges durch Zeugen binnen einer Frist von 18 Tagen nachweisen,178 „appellierte“, also
Berufung einlegte – Selbiges tat im Übrigen auch die Geklagte, Anna Maria Heilig.179
Die zweite Instanz, das Appellationsgericht für Tirol und Vorarlberg in Innsbruck,
änderte das Urteil des Landgerichts Bregenz dann am 26. Februar 1828 dahingehend
ab, dass die Geklagte weder zu der von Pfurtscheller verlangten Rechnungslegung
noch zu irgendeinem Kostenersatz verpflichtet sei. Die Echtheit des Inkassoauftrages
gehe nämlich aus den dem Gericht vorliegenden Beweismitteln nicht hervor, die
Nachreichung eines neuen Beweises – wie vom Landgericht Bregenz in erster Instanz
angeregt – sei während eines laufenden Verfahrens nicht zulässig.180 Auch gegen die-
ses Urteil ging Pfurtscheller nun – aufgrund von aus seiner Sicht nachvollziehbaren
Gründen – in Revision. Die Streitsache zwischen ihm und Anna Maria Heilig wurde
folglich an die dritte und zugleich letzte Instanz, die Oberste Justizstelle in Wien,
übermittelt. Auch diese gab am 30. Oktober 1828 der Geklagten Recht und bestä-
tigte das Urteil des Innsbrucker Appellationsgerichts.181
Michael Pfurtscheller schöpfte in dieser Sache also wirklich alle ihm zu Gebote
stehenden Rechtsmittel aus. Recht bekam er mit seiner Klage dennoch nicht. Schlim-
mer noch, das Höchstgericht kritisiert Pfurtscheller in der Urteilsbegründung ob
seiner „unverlässlichen Buchführung“, welche die als Beweismittel eingereichten
Auszüge aus seinen Büchern „beurkundet“ hätten.182
Instanz, dem Landgericht Bregenz, über das Appellationsgericht in Innsbruck bis hin zur dritten und
letzten Instanz, der Obersten Justizstelle in Wien.
178 Vgl. ebd., S. 119–123.
179 Vgl. ebd., S. 97.
180 Vgl. ebd., S. 133–163.
181 Vgl. ebd., S. 183–231.
182 Vgl. ebd., S. 229. – Allein aus dieser Anekdote allgemeine Schlüsse über Michael Pfurtschellers
Buchführung zu ziehen wäre jedoch vorschnell und sollte daher unterbleiben.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435