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412 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
wenig Platz für Übernachtungsgäste gewesen – im oben erwähnten Inventarverzeich-
nis werden lediglich drei Zimmer mit Schlafplätzen angeführt.193 Im Laufe der Zeit
wurde der Platz im Haus sowohl durch das Anwachsen der Familie als auch durch
die Zunahme der Metallwarenhandlungsgeschäfte und dem damit eventuell verbun-
denen erhöhten Bedarf an Dienstboten immer knapper.
Dabei kehrten bei Pfurtscheller durchaus nicht nur Fulpmer ein. So war sein
Wirtshaus etwa in den Sommermonaten offenbar auch Ziel von Ausflüglern, meist
Badgäste seines Schwagers Joseph Lener.194 Dieser steigenden Nachfrage wurde mit
einem schrittweisen Ausbau des Angebotes und mit baulichen Adaptionen begegnet:
Am 29. März 1819 etwa suchte Pfurtscheller beim Landgericht in Matrei um die Ge-
nehmigung zur Errichtung einer überdachten Kegelbahn und zweier „Sommerhütl“
– gemeint sind wohl Gartenlauben – an:
„Der gehorsamst Unterzeichnete wird in Sommerszeiten nicht selten durch Badgäste von
Mieders anhero kommend besucht, zur schicklichern Aufnahme Wohlderselben u. fügli-
cheren Betrieb seines Gewerbes, gedenkte er in seinen Eigenthümlichen Gartten – zwei
sogenannte Sommerhüttl und einen gedekten Köglscheibplatz – alles von gekauften Holz
zu errichten; die bemeldten Hütl wurden jedes im Durchmesser 16 Wr. Schuh195 und nach
Verhältnis ungefehr so hoch angetragen werden. Hinzu wird gebethen die erforderliche
Baubewilligung gnädigst gewähren zu wollen!“196
193 Vgl. Vermögensaufteilung Franz Volderauer – Michael Pfurtscheller, 8. April 1811, TLA, VB Stubai,
34/244, Registerteil 3, Bl. 39–55, Beil. 3.
194 Joseph Lener kaufte im Oktober 1810 ein unterhalb von Mieders, im sogenannten Pflusental, ge-
legenes Grundstück, auf dem eine Mineralquelle hervortrat. Wenig später baute er ein Badehaus
an dieser Stelle. (Vgl. Vermögensübergabe Joseph Lener – August Lener, 9. März 1847, TLA, VB
Stubai, 34/324, Bl. 491–499, hier: Bl. 494.) Laut Sebastian Hölzls „Chronik von Mieders“ finden
sich erste Hinweise auf ein Bad an diesem Ort bereits 1673. (Vgl. Hölzl, Chronik von Mieders,
1976, S. 39–41.) Lener übernahm das Bad jedoch nicht wie von Hölzl angegeben im Jahr 1806
von seinem Vater, sondern erwarb es durch den erwähnten Kauf 1810. Es ist – wie bereits erörtert
– auch unrichtig, dass Lener in 1806 das Gasthaus „zur Post“ übernahm. Es handelte sich um das
Gasthaus „zur Traube“. (Vgl. Kap. 5.2.1., Anm. 33; sowie: Hölzl, Chronik von Mieders, 1976, S. 41;
sowie: Vermögensübergabe Franz Lener – Joseph Lener, 6. März 1806, TLA, VB Stubai, 34/239, Bl.
376–397; sowie: Vermögensübergabe Joseph Lener – August Lener, 9. März 1847, TLA, VB Stubai,
34/324, Bl. 491–499.)
195 16 „Wiener Schuh“ entsprechen rund 5 Metern. (Vgl. Rottleuthner, Gewichte und Maße, 1985, S.
26.)
196 Baugesuch Michael Pfurtscheller, 29. März 1819, TLA, Aktenserie LG Matrei, Fasz. 2, 1819, Abt.
VI. – Der Bau wurde, unter der Voraussetzung, dass wirklich ausschließlich gekauftes Holz verwen-
det würde und mit Erinnerung zur Einhaltung der Polizeistunden, genehmigt.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435