Seite - 416 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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416 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
Anton Lutz, der bis dahin als einziger Tafernwirt des Ortes das alleinige Recht
auf Bewirtung seiner Gäste mit Wein und warmen Speisen innegehabt hatte, reichte
dagegen jedoch Klage beim Landgericht in Matrei ein – und hatte Erfolg, wie sich
aus einem Schreiben Pfurtschellers ergibt:
„Allein auf eingegebene Klage Lit. A [Beilage fehlt!] des Anton Luz, alleinigen Tafernen wirth
dieses Ortes, wurde dem Unterzeichneten [Michael Pfurtscheller] das Auskochen warmer
Speisen bei fünf Conventions-Thaler Strafe […] von dem k.k. Landgerichte Verbothen.“205
Dagegen wiederum legte Pfurtscheller – offenbar auf Anraten des seit Mitte Oktober
1826 für das Stubaital zuständigen Landgerichtes in Mieders206 – Rekurs beim Lan-
desgubernium ein. Mehr noch, in seinem Schreiben an das Gubernium suchte Pfurt-
scheller nicht bloß um eine Revidierung des Urteils gegen ihn an, sondern gleich um
die Erteilung einer „Tafern-“ beziehungsweise „Schildwirtsgerechtsame […] mit dem
Aushängschilde zur Gemse“ an. Diese Konzessionserweiterung hätte ihm nicht nur
erlaubt, Bier und Wein auszuschenken sowie für seine Gäste zu kochen, sondern auch
diese zu beherbergen, Fuhrwerke einzustellen und Zugtiere zu versorgen.207
„1. Wenn nach richtigen polizeylichen Ansichten die Zahl der Wirthsgewerbe stets dem Lo-
kalbedarf angemessen sein soll, so ist dieß in Fulpmes keineswegs der Fall, welcher Ort (um
Conkurrenz zu erzielen) doch nothwendiger Weise zwei Tafernen erforderte. Denn Vulpmes
zählt jetzt nahe zu Tausend Seelen, ist der Mittelpunkt des immer mehr besuchten Thales
Stubai, es kommen dahin Jährlich mehrere Reisende, auch Badgäste von Mieders, und als
den Sammelplatz der Eisengeschmeidfabrickate Inn u. Ausländer des Waaren ankaufes we-
gen, mit welchen Bittsteller größerntheils in Verkehr stehet, zu seinen augenfälligen Schmerz
und Nachtheil aber, darf der dieselben nicht bewirthen, obschon er Zutrauen, Lokale – Mit-
tel u. Kentnisse (durch Reisen) besitzt einen ordentlichen Gastwirth vorzustellen.“208
In sechs weiteren Punkten erläutert Pfurtscheller ausführlich, warum ihm die an-
gesuchte „Schildwirtsgerechtsame“ verliehen werden sollte. Die Ortsbewohner wür-
den sich „sehnlich wünschen“, dass das Monopol des Anton Lutz gebrochen werde,
Pfurtscheller habe außerdem – was er auch durch leider nicht überlieferte Beilagen
zu belegen trachtete – in der Vergangenheit seine Bierschenke stets gewissenhaft ge-
205 Ebd.
206 Vgl. Kap. 4.1.2.
207 Vgl. Pfurtscheller an Landesgubernium, 30. Oktober 1826, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 35,
1800–1827 (loses, ungeordnetes Aktenmaterial ganz am Ende dieses Faszikels).
208 Ebd.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435