Seite - 418 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Bild der Seite - 418 -
Text der Seite - 418 -
418 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
nem Gesuche abgewiesen. Da er dadurch sich beschwert findet, ergreift er dawider den ihm
offen gelassenen Recurs, und bittet die hohe K.K. Landesstelle seinem Gesuche gnädigst
statt zu thun, und ihm eine personelle Tafernwirthsgerechtsame mit dem Schilde zur Gem-
se hochgnädigst zu verleihen.“216
Das Landesgubernium leitete den Rekurs Pfurtschellers wiederum umgehend an das
Landgericht Mieders weiter, mit der Bitte um Berichterstattung und Einschätzung
der Situation.217 In seinem am 27. Juni 1827 verfassten Bericht übt Landrichter von
Guggenberg scharfe Kritik an Michael Pfurtscheller und dessen Ansuchen:
„Wie er [Pfurtscheller] sich in seiner Recursschrift selbst erkläret dürfte ihm also wohl mehr
daran liegen, als Schildwirth, an den Hochzeiten, Sterbfällen, und anderen Mahlzeiten, den
Fuhrwerken der Badegäste und Reisenden, kaufmännisch gesprochen – Nutzen, kurz durch
seine Verbindungen neben dem Nutzen aus den Stubaier Fabricaten auch das Gewerbe des
bestehenden Tafernwirthes Lutz nach und nach an sich zu ziehen, als einen wesentlichen
Bedürfnisse des Publicums abzuhelfen.
Die Gemeinde Vulpmes ist die ärmste des Gerichtes, bestehet größtentheils aus überschul-
deten Comercialschmieden, für die ein Tafernwirth bei ihren traurigen finanziellen Aus-
sichten kein Bedürfnis seyn darf. […]
Mieders der Sitz des Landgerichts, hat zugleich ein sehr besuchtes Bad, ist der Lieblings-
Sommeraufenthalt des Publicums der benachbarten Provincial-Hauptstadt, und zugleich
seit langen Zeiten her auch die Station der reisenden Naturliebhaber.
Alle Excursionen, selbst nach den Fernern [Gletschern] gehen von da aus, und nicht blos
die Excursionen der Badegäste, sonders die Besuche der Comercialschmied-Werkstätten
und der Eisen- und Stahl-Fabricate zu Vulpmes und Umgebung sind nur mit einem kurzen
Aufenthalte zu Vulpmes begleitet, und Hauptquartier bleibt immer das angenehme Mie-
ders, und doch wird das Publicum von dem einzigen Tafernwirthe dahier prompt, und zur
vollen Zufriedenheit bedient; ein Beweis, daß eine zweite Schild-Wirths-Gerechtsame in
dem ungleich weniger besuchten Vulpmes ganz und gar entbehrlich ist.“218
216 Abschrift Pfurtscheller an Landesgubernium, 14. April 1827, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz.
35, 1800–1827 (loses, ungeordnetes Aktenmaterial ganz am Ende dieses Faszikels). – Das Schrei-
ben wurde nicht von Michael Pfurtscheller selbst verfasst. Wie bereits im ersten Schreiben an das
Landesgubernium werden wiederum mehrere Gründe angeführt, die für eine Genehmigung seines
Ansinnens sprächen.
217 Vgl. ebd. – Auf der Rückseite des Schreibens findet sich der Vermerk des Landesbeamten: „An das
k.k. Landgericht in Mieders um Akten, und Bericht bis 20ten d. Mts. Innsb. am 6ten May 1827.
K.K. Landesgubernium von Tirol und Vorarlberg.“
218 Abschrift LG Mieders an KA Schwaz, 27. Juni 1827, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 35, 1800–
1827 (loses, ungeordnetes Aktenmaterial ganz am Ende dieses Faszikels).
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435