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7. Schlussbemerkungen 433
in diese gelungen zu sein. Diese soziale Aufwärtsmobilität ist – wiederum – Hinweis
darauf, dass ein Wandel von Rahmenbedingungen im Gange war, der Pfurtscheller
besonders entgegenkam. Es verdichtet sich das Bild des „Modernisierungsgewinners“
Pfurtscheller. Der „Aufstieg des Bürgertums“ im Stubaital also? Ob es sich bei den
genannten Akteuren nun um Bürger handelte oder um bäuerliche ländliche Eliten,
die sich lediglich einige Versatzstücke eines bürgerlichen Lebensstils angeeignet ha-
ben und damit einer Mode folgten,21 ist – noch einmal – letztlich unerheblich. Die
augenscheinliche Differenz zwischen Michael Pfurtscheller und seinem Umfeld lässt
sich jedenfalls als beides gleichermaßen betrachten: Auswirkung der einschneidenden
Veränderungen der Sattelzeit einerseits, und – zumindest aus regionaler Perspektive
wesentlicher – Teil dieser Umwälzungen andererseits.
Die mikrogeschichtliche Herangehensweise an eine Geschichte der Sattelzeit jen-
seits des Typischen ermöglichte es, diese beiden Facetten auszuleuchten. Eingedenk
der erwähnten Probleme, die damit verbunden waren, erwies sich die Mikroge-
schichte als durchaus tauglich, im Kleinen das Große nicht nur zu suchen,22 son-
dern auch zu finden: Der Blick auf die tiefgreifenden Veränderungen der Sattelzeit
aus mikrohistorischer Perspektive eröffnete Einsichten in eine offenbar ebenfalls im
Wandel begriffene Gesellschaft an der erwähnt untypischen Peripherie dieser großen
Entwicklungen, weit heterogener, fragmentierter und auch dynamischer, als dies der
Blick aus der Entfernung und die Kategorien der in der Sattelzeit ohnehin wanken-
den ständischen Ordnung suggerieren. In der Nahaufnahme zeigte sich insbesondere
auch, dass der Eindruck der Übersichtlichkeit einer vergangenen Welt, den Betrach-
tungen aus der Ferne und deren narrative Umsetzungen mitunter erwecken können,
einer ständigen Relativierung bedarf. Erst die Mikroperspektive lässt die akteurs-
und zeitspezifische Komplexität erahnen, welche die Grundlage für eine Beurteilung
historischer Persönlichkeiten und Geschehnisse sein muss. Die vorliegende Arbeit
versteht sich als ein Beitrag zur Auflösung dieses trügerischen Eindruckes einer Über-
sichtlichkeit von Vergangenem und damit zum besseren Verständnis der erwähnten
großen Entwicklungen, besonders aber der Menschen, die diesen einerseits ausgesetzt
waren, die diese andererseits jedoch ausmachten und im Rahmen ihrer jeweiligen
Möglichkeiten gestalteten.
21 Vgl. Kasper, Lokale Oberschichten, 2010, S. 283.
22 Vgl. Hiebl/Langthaler, Im Kleinen des Große suchen, 2012.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435