Seite - 15 - in Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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Einleitung 15
matisiert, sondern in dessen Rahmen auch die TranslatorInnen als TrägerInnen
kultureller Dynamik zu Wort kommen lässt und darüber hinaus unter Einbe
ziehung postkolonialer Denkfiguren die Probleme kultureller Repräsentation
und damit den Konstruktcharakter von Übersetzung zu erschließen vermag.
Andererseits ist ein Forschungsfeld der Translationswissenschaft angesprochen,
das erst im vergangenen Jahrzehnt ins Blickfeld der Forschung geriet und noch
viele Forschungsfragen bereithält : Die »Translationssoziologie« nimmt sich vor
allem der Aufarbeitung jener Problemfelder an, die Übersetzen und Dolmet
schen als soziale Praxis und symbolisch vermittelter Interaktionen ansehen, de
ren Implikationen es im Detail auszuleuchten gilt. Der Prozess des Übersetzens
ist dementsprechend durch das Zusammenwirken von zwei Ebenen bedingt,
die das »Soziale« und das »Kulturelle« in unterschiedlichem Ausmaß umfassen :
Zum einen handelt es sich um eine strukturelle Ebene, deren Konstituenten
u.a. Macht, Herrschaft, Staatsinteressen, Religion, ökonomisches Interesse sind ;
zum anderen geht es um die Ebene der in den Translationsprozess involvierten
AkteurInnen, die ihrerseits diese Strukturen internalisiert haben (Stichwort :
Habitus) und im Rahmen ihrer Handlungsspielräume (kulturell bedingte In
teressen, Widerständlichkeiten etc.) auf bestehende strukturelle Verhältnisse im
Kontext ihrer kulturell konnotierten Werthaltungen, Weltsichten u.a.m. reagie
ren und gleichzeitig auf die Strukturen zurückwirken.
Der plurikulturelle Raum der Habsburgermonarchie bietet sich als Folie für
die Erforschung der hier angerissenen Fragen gerade aufgrund seiner komplexen
ethnischen Zusammensetzung, die zur Bewältigung (auch) alltäglicher Kommu
nikationsprobleme kreative Lösungspotenziale erforderte, besonders an. Für den
gewählten Zeitraum zwischen 1848 und 1918 gilt des Weiteren, dass sich in die
sen Jahrzehnten die einzelnen »Nationalitäten« der Monarchie untereinander in
starken Konkurrenz bzw. Abhängigkeitsverhältnissen befanden, die bestehende
Kommunikationsordnungen auf den Prüfstand stellten und die Konstruktion
von Selbst und Fremdbildern stärker vorantrieben als in den Jahrzehnten davor.
Das Phänomen der Übersetzung, das hier in dem skizzierten, weit gefassten
Begriff verstanden wird, diente nicht nur als Verständigungsmittel zwischen den
Kulturen der Habsburgermonarchie und als Medium kulturellen Transfers mit
»anderen« Kulturen, sondern – und so lautet die These der vorliegenden Studie
– trug gerade aufgrund der vielfältigen Formen seiner Manifestation in hohem
Maß zur Konstruktion der Kulturen des habsburgischen Raumes bei.
Für die Bearbeitung dieser Fragen bedarf es eines pluralen methodischen
Konzepts. Es wird in zwei Analyseschritten vorgegangen, die einander ergän
zen und die nicht zuletzt durch die Auswahl des Korpus mitbestimmt werden.
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437