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Translationswissenschaft : »going social« ? 23
wird, befasst sich mit der Kategorie der Machtverhältnisse im Translationsge
füge. Dementsprechend fokussiert eine »Soziologie des Übersetzungsprozesses«
die der Übersetzungsproduktion inhärenten Zwänge und nimmt jene Ansätze
in den Blick, die unter einer konstruktivistischen Perspektive Übersetzen als
einen sozialen Diskurs sehen und den Übersetzungsprozess im Hinblick auf
seine institutionalisierende Funktion beleuchten (Robyns 1994, Brisset 1996).
Eine »Soziologie des kulturellen Produkts« wiederum befasst sich vorrangig
mit den Übersetzungsströmen und den Implikationen inter und transnationa
ler Transfermechanismen, die das Übersetzungsprodukt letzthin konstruieren.
Forschungsarbeiten, die diesem Spektrum zugeordnet werden können, nehmen
zumeist vor dem Hintergrund umfassender Korpora aus dem globalen Transla
tionsmarkt eine detaillierte Inspektion der Entstehungs und Distributionsbe
dingungen von Übersetzungen mittels der Beleuchtung der verschiedenen in
volvierten Instanzen und ihrer Verknüpfungsmechanismen vor (siehe Heilbron/
Sapiro 2002, Bachleitner/Wolf 2010a). Eine vierte Strömung, die sich im Rah
men der Erarbeitung einer Translationssoziologie herauskristallisiert hat, sind
Ansätze, die einen explizit theoriebildenden Charakter haben. Sie gründen sich
hauptsächlich auf die soziologischen Modelle von Pierre Bourdieu (e.g. Sime
oni 1998, Gouanvic 2002, Wolf 2007b), Bernard Lahire (Wolf 2007a), Bruno
Latour (Buzelin 2005), Niklas Luhmann (Hermans 2007, Tyulenev 2009) und
Anthony Giddens (Tipton 2008).
Die Frage, ob die hier kurz referierten Ansätze zur sozialen Relevanz von
Translation für einen soziologisch orientierten Theorierahmen zur Erfassung
der gesellschaftlichen Bedingtheiten, die auf die Entstehungs , Distributions
und Rezeptionsprozesse einwirken und letztendlich die Beschaffenheit des
»Feldes der Translation« bzw. des translatorischen »Vermittlungsraumes« kons
tituieren, aureichend sind, um der Komplexität der gesellschaftlichen Verflech
tungen des Phänomens der Translation und deren Implikationen für translato
rische Entscheidungen in ausreichendem Maß zu entsprechen, ist schwierig zu
beantworten. In jedem Fall können Einflussgrößen wie Mediengesellschaften,
die Politik von Verlagskonzernen, institutionelle Grundlagen der Berufe von
ÜbersetzerInnen oder Zensurmaßnahmen – um nur einige zu nennen – nicht
als Einzelphänomene abgehandelt werden, auch wenn sie auf der Grundlage
großer Korpora untersucht werden. Erst die Erforschung ihrer relationalen Ver
knüpfungskonstellationen kann Aufschluss geben über die machtvolle Einfluss
nahme gesellschaftlicher Faktoren auf die Textproduktion und rezeption im
engeren Sinn und kann, daraus resultierend, wiederum Rückwirkungsmechanis
men dieser Texte auf einzelne Phasen oder Teile des gesellschaftliches Gesche
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437