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Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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42 K.(u.)k. »going postcolonial« begegnen können – womit der Konstruktion des Anderen freier Raum gegeben wird. Zugespitzt formuliert Ernest Gellner Nation (über den Umweg Natio­ nalismus) ähnlich, wenn er sagt »Nationalismus ist keineswegs das Erwachen von Nationen zu Selbstbewußtsein : man erfindet Nationen, wo es sie vorher nicht gab« (Gellner 1964, zit. nach Anderson 1998 : 15, Hervorh. i. O.). Beiden Formulierungen ist das Moment der Konstruktion eingeschrieben, müssen doch diese »imagined communities« ebenso auf der Basis vielfacher Re­ Kontextuali­ sierungen immer neu entworfen werden wie die zuvor nicht existierenden und »zu erfindenden Nationen«.15 Als eine solche Fiktion kann auch der Begriff der Ethnizität gelten, mit dem ethnische Gruppen, wie Werner Sollors in seiner Invention of Ethnicity (1989) ausführt, zumeist so dargestellt werden, als ob sie reale, externe, stabile und statische Einheiten wären – womit ihnen nicht nur ein ahistorischer Charakter zugeschrieben wird, sondern auch das Prinzip der Au­ thentizität propagiert wird, das einmal mehr zur Verfestigung von Sinneinheiten beiträgt und die Essenzialisierung vorantreibt. Der Zweck, kulturelle Elemente als authentisch zu definieren, ist offensichtlich, werden damit doch hegemoniale Ansprüche formuliert, die sich das Prinzip der Ausgrenzung und der Durchset­ zung von Wahrnehmungs­ und Deutungsmustern auf die Fahnen heften und einen gesellschaftlichen Universalkonsens implizieren, auf dessen Basis Macht­ ansprüche realisiert werden können. Auch das Theorem der kulturellen Diffe­ renz verhilft nicht immer zu einem Ausweg aus solchen Festschreibungen und macht noch keine Ethnizität aus – Sollors führt hier treffend das Beispiel des in den USA als »laundryman« tätigen Chinesen an, der seinen Beruf nicht in China gelernt hat –, es sind vielmehr die für den jeweiligen historischen Mo­ ment und den jeweiligen Raum spezifischen Machtbeziehungen, die den Er­ findungsakt ausmachen. Der Gleichsetzung von »Erfindung« und »kultureller Konstruktion«, wie sie Sollors vornimmt, ist im Hinblick auf diese machtvollen Verflechtungen zuzustimmen. In »kakanischer« Perspektive heißt das für den kulturellen Raum der Habs­ burgermonarchie aus der oben diskutierten Sicht als »Pseudo­ Kolonialmacht«, dass dieser aufgrund seiner ethnisch­ kulturellen Differenziertheit als »Versuchs­ station« (Schuchardt 1884 : 131) gedeutet werden kann, in dem kontinuierlich Prozesse stattfinden, die, bedingt durch die heterogene kulturelle Lebenswelt auf einer Mikroebene einerseits und durch die zumeist migrationsbedingten 15 In den vergangenen Jahren hat sich vor allem im Kontext der »Erfindung des Balkan« eine frucht­ bare Diskussion entwickelt ; vgl. etwa Todorova (1999), Mishkova (2006) ; spezifisch zu »Balkan­ bildern« in der Habsburgermonarchie im 19. und frühen 20. Jahrhundert : Rathberger (2009).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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