Seite - 44 - in Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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44 K.(u.)k. »going postcolonial«
but by the very fact that it can be simulated, copied, transferred, transformed, made
into a simulacrum and so on : the »original« is never finished or complete in itself.
The »originary« is always open to translation so that it can never be said to have
a totalised prior moment of being or meaning – an essence. (Bhabha 1990 : 210)
Diese metaphorische Sicht von Übersetzen ist seit der konsequenten Weiter
führung der durch die kulturelle Wende eröffneten Diskussion auch aus der
Translationswissenschaft nicht mehr wegzudenken.
Wie Bassnett und Lefevere ausführen, ist der Prozess des Aushandelns, wo
runter sie die Bedingungen und auch die Handlungen subsumieren, die zur
Konstituierung einer Übersetzung führen, unter anderem von institutionellen
Zwängen bestimmt (Lefevere/Bassnett 1998 : 8). Unter Einbeziehung post
kolonialer Denkfiguren bedeutet dies für die translatorische Praxis, dass allein
durch die Auseinandersetzung der involvierten AkteurInnen mit diesen insti
tutionellen Zwängen alle beteiligten Faktoren (Personen, Zeichen, Praktiken)
Bedeutungsveränderungen erfahren, die sie in einen nicht rückführbaren Status
bringen und die zur Konstituierung kultureller Neukontextualisierungen we
sentlich beitragen. Auf die Denkfigur der »rewriters« bezogen geben Bassnett
und Lefevere zu verstehen, »[r]ewriters and translators are the people who really
construct cultures on the basic level in our day and age« (ibid.: 10).
Die hier angesprochenen VermittlerInnen/ÜbersetzerInnen sind aus post
kolonialistischer Sicht an verschiedenen kulturellen Knotenpunkten angesie
delt, die einen Prozess des Austauschs der einzelnen Elemente, die aus dieser
Verknüpfung resultieren, voraussetzen und gleichzeitig offen lassen. Von dieser
kulturellen Kontaktzone aus nehmen sie immer wechselnde Neupositionierun
gen vor, womit sie – laut Bhabha – als »kontaminierte[s] und verbindende[s]
Gewebe zwischen [den] Kulturen« zur »Unmöglichkeit der Geschlossenheit von
Kultur[en]« beitragen (Bhabha 1997 : 69). KulturmittlerInnen sind TrägerInnen
von Bedeutungen und als solche hauptsächliche AkteurInnen im Anstoß zu Ver
änderungen ihres Umfeldes. Für den vorliegenden Kontext bedeutet dies, dass
durch den Prozess des Vermittelns qua Übersetzen die zu vermittelnden »Ar
tefakte« – Texte, Symbole, jedwede Zeichen – mehrdeutig werden, sie werden
verdichtet durch die »Mitsprache« der involvierten AkteurInnen (Scherpe 2001).
Nicht zuletzt dadurch trägt das Moment der Vermittlung/des Übersetzens –
freilich ebenso wie jedwede »originale« Artefakte – wesentlich zur Konstruk
tion von Kulturen bei. Eine systematische Untersuchung der produktiven Rolle
der VermittlerInnen in diesem Konstruktionsprozess im Kontext ihrer eigenen
Konstruiertheit als »verknotete Subjekte« (Bronfen/Marius 1997 : 4) steht jedoch
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437