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46 K.(u.)k. »going postcolonial«
rungen ergibt und zum Aushandeln von Missverstehen und kulturell bedingter
Barrieren einlädt. In einem solchen Zusammenhang schlägt Homi Bhabha eine
»translationale Kultur« vor, die er als Fundament für kulturelle Auseinanderset
zung in Migrationsgesellschaften sieht :
Kultur […] ist sowohl transnational als auch translational. […] Die transnatio
nale Dimension kultureller Transformation – Migration, Diaspora, De plazierung,
Neuverortung – läßt den Prozess kultureller Translation zu einer komplexen Form
der Signifikation werden. Der natürliche oder naturalisierte, einheitsstiftende Dis
kurs […] kann hier kaum als Bezugspunkt dienen. Der große, wenngleich be
unruhigende Vorteil dieser Situation besteht darin, daß sie uns ein stärkeres Be
wußtsein von der Kultur als Konstruktion und von der Tradition als Erfindung
verschafft. (Bhabha 2000 : 257)
Die sich aus einer solchen Sicht ergebende Vielpoligkeit von Kulturen erscheint
für den habsburgischen Kontext besonders dort fruchtbar, wo es durch die aus
Migration resultierenden lebensweltlichen Überschneidungen zur Wahrneh
mung sowohl innergesellschaftlicher Fremdheiten als auch neu geschaffener Re
ferenzsysteme kommt.17 Moritz Csáky argumentiert in diesem Zusammenhang,
dass eine der wesentlichen Erkenntnisse aus der Erforschung der Moderne in
Wien und in Zentraleuropa um 1900 gerade die Frage der Konstruktion von kol
lektiven Identitäten in einer zunehmend differenzierten Lebenswelt ist (Csáky
2002b). Dementsprechend kann die Pluralität weiter Teile der Monarchie, die
sich in der ethnischen und religiösen Verschiedenartigkeit, in der (auch) damit
verbundenen Mehrsprachigkeit ihrer Bewohnerinnen und Bewohner und in
der reichhaltigen kulturellen Differenziertheit niederschlägt bzw. aus dieser re
sultiert, als Ergebnis spannungs und konfliktgeladener Übersetzungsvorgänge
gesehen werden, die fortwährend neue kulturelle Konstellationen konstruiert.18
Dieser Bezugsrahmen hat für den Übersetzungsbegriff bzw. prozess im
enge ren Sinn weitreichende Folgen. Die Repräsentationsvorgänge, die jede
Übersetzung bewirken, und die spätestens durch die kulturelle Wende die kul
turellen Differenzen sowie die jedwedem Übersetzungsgeschehen inhärenten
Machtbeziehungen in ihren Betrachtungshorizont mit einbeziehen, werden
17 Vgl. diesbezüglich zum Konzept von »Migration als Übersetzung« Wolf (2008a) sowie Vorder
obermeier (2008).
18 Vgl. diesbezüglich zur Konstruktion des Fremden im Kontext des Forschungsfeldes südöstliches
Europa Kaser (2003 : 42f.).
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437