Seite - 48 - in Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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48 K.(u.)k. »going postcolonial«
the limits of their language, or of any single language. He forces them to construct
readings from a debris of historical and future possibilities. (Clifford 1988 : 175,
Hervorh. i. O.)
Doch auch – bzw. gerade – die Habsburgermonarchie kann mit solch «dichten«
Kulturen aufwarten, die literarisch verarbeitet werden und ähnliche plurikultu
relle Spannungen aufweisen ; ein wiederholt analysierter Themenkomplex sind
etwa die in Metropolen (vgl. z. B. Budapest, Reber 2002) oder in bedeutenden
kulturellen Zentren (z. B. Triest, vgl. Wolf 2000) entstandenen Literaturen. Die
Übersetzung dieser bereits in sich »übersetzten« Literatur öffnet somit den Blick
auf den wechselseitigen, dialogischen, polyphonen und interaktionsbetonten
Charakter von Übersetzung. Als solche konstruiert die Übersetzung die »emp
fangende« Kultur stets mit und kann durch deren »kontaminierten« Zustand
Aufnahmekontexte finden, die aufgrund der Heterogenität der »Aufnahmekul
tur« Veränderbarkeit, Erneuerbarkeit und Re
Transformierungen zulassen.
Wenn Said im Kontext der Wirkungen reziproker kultureller Einflüsse sagt
»the history of all cultures is the history of cultural borrowings« (Said 1994 :
261), so ist der Übersetzung in diesem historischen Prozess eine zentrale Rolle
zuzuschreiben. Dies trifft freilich nicht nur auf »heilige Schriften« zu wie auf
die Bibel oder den Koran, sondern auf zahlreiche Texte aller Textsorten und
Texttypen, die in Geschichte und Gegenwart die Konstruktion der jeweils »an
deren« Kultur in ihrer Beschaffenheit und Bedingtheit mitbestimmen. Gerade
Lefeveres Konzept des »rewriting« macht deutlich, wie stark Übersetzungen,
Filmadaptationen und andere »rewriting« Formen kulturelle Konstruktionen
beeinflussen. Fragen nach den Gründen für die Selektion von (im weitesten
Sinn verstandenen) Texten, nach deren Entstehungsbedingungen, ihren Ver
knüpfungsmechanismen sind deshalb zentral für das Verständnis zum Beitrag
des translatorischen Phänomens in der Konstruktion von Kulturen. In ihrem
Buch Constructing Cultures stellen Bassnett und Lefevere (1998) diese Fragen
ins Zentrum ihrer Betrachtungen :
The more the socialisation process depends on rewritings, the more the image of
one culture is constructed for another by translations, the more important it be
comes to know how the process of rewriting develops, and what kinds of rewrit
ings/translations are produced. (Lefevere/Bassnett 1998 : 10)
Diese Konstruktionsprozesse sind in Machtbeziehungen eingebunden, die in
der Translationswissenschaft in vielen Kontexten bereits ausführlich analysiert
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437