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60 K.(u.)k. »going postcolonial«
Vielmehr sei die Transformation zu einer transkulturellen Form von Kulturen
– wie hier aufgezeigt – bereits im Gang und weise verstärkt auf das Phänomen
hin, dass die »Bezugskulturen selbst schon Kulturen im Sinne der Transkultu
ralität sind« und somit einen Ausgangspunkt für die Herausbildung komplexer
kultureller Netzwerke darstellen. (Welsch 2000 : 341).
Hier treten nicht nur die Anknüpfungspunkte an die (bereits diskutierte)
Kulturkonzeption von Homi Bhabha deutlich hervor – die zunehmend jeder
Kultur immanente hybride Befindlichkeit, aber auch das Offene und Prozess
hafte von Kulturen und vor allem das Moment des Übergangs, das »kulturelle
Erbschaft« nicht verleugnet –, sondern auch an die für die Habsburgerkultur
charakteristische Vielpoligkeit von Kulturen, die nicht zuletzt auf die vielfäl
tigen kulturellen Berührungen alltäglicher Lebenswelten zurückzuführen sind.
Die von Welsch auf den Kontext moderner Globalisierungskulturen gemünzte
Aussage »Die Lebensformen enden nicht mehr an den Grenzen der National
kulturen, sondern überschreiten diese, finden sich ebenso in anderen Kulturen«
(ibid.: 337) trifft, wenn auch in unterschiedlichen historischen Kontextualisie
rungen, auch auf die Habsburgermonarchie zu. In einer solchen Sicht wird ein
mal mehr offensichtlich, dass separate Kulturen Konstruktion sind, die durch
vielfach auftretende Momente wie Binnendifferenzierung, sprachlich kulturelle
Dichte und vor allem die durch mehrfache Kollektivitäten und Identitäten be
stimmten gesellschaftlichen AkteurInnen ad absurdum geführt werden.
Zur »transkulturellen Translation« können demgemäß jene translatorischen
Tätigkeiten gezählt werden, die in kulturelle Berührungen »(habsburg )grenz
überschreitend« involviert sind. Eindeutig zuzuordnen ist diesem Typus der Be
reich der literarischen Übersetzung im Transfer mit jenen Sprachen, die nicht
innerhalb der Monarchie gesprochen wurden, jedoch in den meisten Fällen
mehr oder weniger intensive kulturelle Kontakte zu diesen pflegten. Es handelt
sich dabei vorrangig um Übersetzungen aus dem Englischen, Französischen,
Spanischen, Portugiesischen, Schwedischen, Niederländischen und anderen. Ihr
Hauptmerkmal ist die Gebundenheit an eine Vermittlungsinstanz sowie ihre
Textbezogenheit. Damit liegt dieser Übersetzungstypus eindeutig innerhalb des
Objektbereichs der Translationswissenschaft. Weiters sind dazu alle jene Trans
lationsleistungen zu zählen, die zwischen den in der Habsburgermonarchie ge
sprochenen Sprachen und jenen außerhalb vorrangig in geschäftlichen Ange
legenheiten sowie im diplomatischen Bereich absolviert wurden. Da viele der
Übersetzungs und Dolmetscharbeiten von Personen ausgeführt wurden, die in
mehreren Sprachen arbeiteten und auch die Stellen, an denen diese Translato
ren tätig waren, zumeist mit Transferarbeiten über die Monarchie hinausgehend
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437