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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Seite - 131 -
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»Polykulturelle Translation« 131 lich erfolgt war : So wird in Paragraph 385 festgelegt, dass einem Dolmetscher für die mündliche Übersetzung einer in einer fremden Sprache abgefassten Ur­ kunde 50 Kreuzer zustünden, für eine schriftliche Übersetzung hingegen zwei Gulden pro Bogen. Im Falle besonders schwieriger Übersetzungen konnten die Gebühren um die Hälfte des Betrages erhöht werden. Für gerichtliche Verneh­ mungen wurden pro Halbtag zwei Gulden bezahlt, verfasste der Dolmetscher zusätzlich das Protokoll selbst, erhöhte sich die Bezahlung um einen Gulden.128 Wird die Höhe dieser Gebühr in Relation zum Monatslohn eines Übersetzers des Redaktionsbureaus des Reichsgesetzblattes gesetzt, so ergibt sich folgendes Bild : Laut »Voranschlag für das Jahr 1870« ist das Gehalt inklusive Quartiergeld für einen Redakteur mit 1.650 Gulden bemessen (1.400 + 250 Gulden) (AVA, 40/1, Karton 2788, Zl. 10546/911, Beilage VII). Dies ergibt einen Monatslohn von 137,5 Gulden : Einem Monatsgehalt eines Redakteurs entsprach demnach die Übersetzung von 68 Bogen schriftlicher Übersetzungen bei Gericht – das kommt heute etwa 300 DinA4­ Seiten gleich. Aus diesen Angaben lassen sich einige interessante Schlussfolgerungen zie­ hen. Wird davon ausgegangen, dass die Bezahlung einer Leistung stets mit der Anerkennung deren Qualität verbunden ist und unentgeltliche Arbeit somit einen geringeren Wert aufwies, so könnten die Bestimmungen der neuen Straf­ prozessordnung von 1873 dahingehend interpretiert werden, dass die sprach­ lichen Qualifikationen (die sprachmittlerischen Qualifikationen wurden nie angesprochen) der Beamten sich gegenüber der Vergangenheit, wo es wie er­ wähnt zu zahlreichen Rechtsirrtümern aufgrund mangelhafter Übersetzungen bzw. Dolmetschungen gekommen war, so weit gebessert hatten bzw. dass sich deren Berufsethos so weit gehoben hatte, dass sich das Gericht getrost auf zu­ frieden stellende Leistungen vonseiten der Staatsdiener trotz mangelnder Be­ zahlung verlassen konnte. Umgekehrt kann jedoch auch vermutet werden, dass die notorisch leeren Staatskassen der Monarchie zu fortlaufenden Einsparungen in der Verwaltung führten, was auch die Bezahlung der Dolmetschungen und Übersetzungen vor Gericht betraf. Ebenso erscheint die Diskrepanz zwischen mündlicher und schriftlicher Translationsleistung auffallend – die Überset­ 128 Die Strafprozessordnung von 1853 wies geringere Gebühren aus : So erhielt ein Dolmetscher für die »bloß mündliche Übersetzung« einer Urkunde 20 Kreuzer, für eine schriftliche Über­ setzung jedoch ebenso zwei Gulden pro Bogen. § 336 gibt auch an, dass jede Seite mindestens aus 30 Zeilen zu je 10 bis 18 Silben zu bestehen hätte. Für gerichtliche Vernehmungen wurde ab 1853 pro Halbtag nur ein Gulden bezahlt, inklusive Protokoll ein Gulden 30 Kreuzer (RGBl. 151/1853).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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