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Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Seite - 199 -
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Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 199 bitus, eines der wichtigsten und vielschichtigsten Konzepte der bourdieuschen Theorie.182 Wie Bourdieu ausführt, sind die Handlungen der AkteurInnen in den Feldern gesellschaftlich determiniert, wobei das Dispositionssystem, in dem sie agieren, als Habitus bezeichnet wird. Dieser wird als Produkt der Geschichte angese­ hen, das »individuelle und kollektive Praktiken [produziert] […] ; er gewährleis­ tet die aktive Präsenz früherer Erfahrungen, die sich in jedem Organismus in Gestalt von Wahrnehmungs­ , Denk­ und Handlungsschemata niederschlagen […]« (Bourdieu 1991 : 101). Habitus ist nach Bourdieu keine Kategorie, die ein planvolles Handeln (in welche Richtung auch immer) ermöglicht und äu­ ßert sich damit auch nicht im Handeln der AkteurInnen im Feld, sondern ist vielmehr »in der Gegenwart des Spiels angelegt«, also sein untrennbarer Teil. Die Erkenntnis, dass der Habitus Handlungen, Wahrnehmungen und Beur­ teilungen generiert, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass er dem Körper gleichsam »eingeschrieben« ist – allerdings einem Körper, der bereits durch Ge­ schichte und Gesellschaft »zugerichtet«, also das Resultat zahlreicher Lern­ und Konditionierungsprozesse ist. Der Habitus ist somit als (durch den Prozess der Inkorporation) strukturiertes und (durch den Prozess der Generierung) struk­ turierendes Prinzip zu konzipieren (Bourdieu 1998 : 145). Die dargelegten Merkmale des Habitus signalisieren insofern einen Para­ digmenwechsel im sozialwissenschaftlichen Denken, als sie eine Abkehr des Konzepts vom »sozialen Handeln« implizieren, das »Handeln« als Resultat bewusster Entscheidungen bzw. Abfolgen von Regeln postuliert. Neben dem Prinzip der »Inkorporation« ist es vor allem der dem Habituskonzept inhärente historische Charakter, der den (ahistorisch) vorgegebenen Regeln des »sozialen Handelns« entgegensteht und vielmehr einen steten Wandel impliziert. Als so­ zial konstruiertes System ist der Habitus schließlich eine generative Denkfigur, die die gesellschaftlich konstituierten Dispositionen zu erfassen vermag (Krais/ Gebauer 2002 : 5) ; diesem Prinzip ist auch die kreative Kapazität des Habitus eingeschrieben, durch die in neuen Situationen neue Verhaltensweisen generiert werden. Der übersetzerische Habitus ist als sekundärer Habitus zu verstehen, der seine Ausprägung auf der Basis des von der Kindheit an sich ausformenden primären Habitus und in relationaler Auseinandersetzung mit ihm erst sukzes­ sive im Laufe des Berufslebens erhält. Hier kann an kritische Anmerkungen am bourdieuschen Konzept des Habitus angeknüpft werden, die ihm vorhalten, dass 182 Vgl. zum Habituskonzept die ausgezeichnete Dissertation von Gisella Vorderobermeier (2011).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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