Seite - 204 - in Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Bild der Seite - 204 -
Text der Seite - 204 -
204 »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor
sionalisierung des Sektors. Über den Zeitraum zwischen 1876 und 1918 stehen
insgesamt 475 Einzelpersonen 243 Übersetzungsbüros gegenüber. Etwa seit der
Jahrhundertwende mehren sich Übersetzungsbüros, die ihre Dienste sowohl in
Hauptbüros als auch in anderen Niederlassungen in Wien anbieten. Gleich
zeitig ist zu vermerken, dass etwa ab der Jahrhundertwende auch verschiedene
Institutionen ihre Dienste anbieten : Ab 1899 offeriert die Invalidenbank für den
Zeitraum von 10 Jahren ihre Dienste für die Übersetzung von Geschäftskorre
spondenz und Dokumenten ; von 1909 bis zum Ende der Monarchie bewirbt
die Berlitz School neben ihren Sprachkursen auch die Übernahme von Überset
zungen.
Was das Geschlecht der ÜbersetzerInnen anbelangt, so ist, im Gegensatz
zum von staatlicher Hand institutionalisierten »Übersetzungsfeld«, wie bisher
ersichtlich war, die Existenz von Frauen im privaten Translationssektor zu
mindest ansatzweise festzustellen : Von insgesamt 718 Angaben zu Büros bzw.
Einzelpersonen im Zeitraum zwischen 1876 und 1918 scheinen 603 männliche
Namen auf (= 84 %), davon 59 unterschiedliche ; von 85 Namen (= 12 %) ist
aufgrund der Abkürzung des Vornamens das Geschlecht nicht erkennbar (dazu
zählen auch die beiden genannten Institutionen). Nur 30 Frauennamen (= 4 %,
insgesamt 8 verschiedene Frauen) bieten ihre Übersetzungsdienste an, davon die
meisten über mehrere Jahre hinweg.
Die Informationen für potenzielle InteressentInnen, die alle Inserate in der
einen oder anderen Form enthielten, waren neben Namen und Adresse (in spä
teren Jahren auch die Telefonnummer) die Angaben zu den Sprachen, aus denen
bzw. in die übersetzt wurde, und die Fachgebiete, in denen Übersetzungen ange
fertigt wurden. In der Frage der Sprachen ist zunächst auffällig, dass nur in den
ersten Jahren vorrangig die in der Habsburgmonarchie gesprochenen Sprachen
angegeben wurden, doch schon bald fand eine Diversifizierung in die meisten
westeuropäischen Sprachen statt. Außerdem gaben rund ein Drittel aller Inse
rate an, dass sie »alle Sprachen« bedienten (Tendenz mit den Jahren steigend),
wobei im Detail nicht klar ist, welche damit auch tatsächlich gemeint waren,
doch wurde damit zumindest der Anspruch signalisiert, ein breites Spektrum
von Sprachen abzudecken.
Insgesamt werden in den Inseraten im Untersuchungszeitraum Übersetzun
gen aus 23 Einzelsprachen angeboten, zusätzlich sind die Sprachgruppen »Ro
manisch«, »Slawisch«, »Germanisch« und »Ostasiatisch« angegeben. Tabelle 12
listet die einzelnen in den Inseraten angebotenen Sprachen auf.
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437