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214 »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor
Das Aufzeigen der Professionalität in der Ausführung der Übersetzungen
kann ebenso als Zeichen des inkorporierten kulturellen Kapitals gewertet wer
den, da professionelles Handeln auf erlernten Fertigkeiten und Wissenskumula
tion beruht. Die »prompte Erledigung der Arbeiten« wird als gleichsam oberstes
Gebot zur Erledigung des Übersetzungsauftrages ins Treffen geführt, was, wie
erwähnt, in Formulierungen wie »prompt, zu jeder Tageszeit« oder »Überset
zung sofort, während der Bote wartet, auch auf telephonischem Wege« zum
Ausdruck kommt. Auch die bereits diskutierte Korrektheit in der Erledigung
der Übersetzungen ist ein bedeutender Faktor zum Aufzeigen der Professiona
lität. Eine der für translatorische Fragen aufschlussreichste Kategorie der In
serate, in der das inkorporierte kulturelle Kapital zum Einsatz kommt, ist der
Hinweis in den Anzeigen auf die akademische Ausbildung der ÜbersetzerInnen
bzw. ihre hervorragende fachliche Qualifikation. In immerhin 5 % aller Inserate
wird auf die »akademisch korrekten« Übersetzungen hingewiesen, die in den
Büros angefertigt werden, 2 % preisen die »Zuhilfenahme akademisch gebildeter
Hilfskräfte : Juristen, Mediziner etc.« an, andere wiederum »erstklassige Spezial
arbeiter der verschiedenen Nationen«, und einige legen Wert darauf zu betonen,
dass »nicht nur unkritisch aus dem Wörterbuch übersetzt« wird. Ebenso weist
die Bezeichnung »einziges Institut unter wissenschaftlicher Leitung« auf das
Bemühen um höchste Legitimation im »Feld« hin.
Das »institutionalisierte kulturelle Kapital« als weitere Ausprägungsart des
kulturellen Kapitals kommt vor allem in Diplomen und Titeln zum Ausdruck,
die im vorliegenden Fall eher spärlich angeführt werden : 6 % aller Übersetzer
weisen in den Inseraten einen Doktor
Titel auf, und ein Translator bezeichnet
sich als »diplomierter Übersetzer«– welche Qualifikation diesem Titel zugrunde
liegt, ist nicht bekannt. Die dritte Subform des kulturellen Kapitals ist das Ka
pital in objektiviertem Zustand, das zumeist in Form von Büchern, Maschinen
u.a. übertragbaren Objekten in Erscheinung tritt und als solches nur schwer
vom ökonomischen Kapital zu trennen ist. Im vorliegenden Fall könnten solche
beweglichen kulturellen Güter auf jene Übersetzungsbüros, die zusätzlich als
»Maschinschreib Bureau« und »graphisches Büro« ihre translatorischen Dienste
anbieten, zutreffen. Die ebenfalls in den Inseraten angebotenen Vervielfältigun
gen von Zeitschriften und anderen Textsorten wie Prospekte und Kataloge wei
sen desgleichen auf das Vorhandensein des objektivierten Kulturkapitals hin.
Das soziale Kapital steht als Metapher für soziale Macht und bezeichnet die
Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe beruhen.
Der Umfang des sozialen Kapitals hängt ab von der Ausdehnung des Netzes
von Beziehungen, die der jeweilige Akteur mobilisieren kann (Bourdieu 1997b :
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437