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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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270 Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen Architekten oder Hofpoeten zu wirken.232 Vor allem in der Residenzhauptstadt ist die italienische Präsenz in der konzentriertesten und mannigfachsten Form nachzuweisen.233 Unter den Handwerkern können die Rauchfangkehrer auf die längste Tradition in der Monarchie zurückblicken ; der erste Rauchfangkehrer­ meister, Johannes von Mailand, ist bereits im Jahr 1512 in Wien dokumentiert. Insgesamt lag das Handwerk der Kaminfeger vom 16. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts fast durchwegs in der Hand von Italienern. Zunächst kamen sie als wandernde Gesellen, ließen sich jedoch in der Folge nieder und schlossen sich im 17. Jahrhundert zu Zünften zusammen. Das Aufblühen des Gewerbes ist nicht zuletzt auf die Verwendung neuer Kamine nach italienischem Vorbild zu­ rückzuführen, die von italienischen Baumeistern gebaut wurden und die bis da­ hin gebräuchlichen deutschen ablösten (Ricaldone 1986 : 135f.). Insgesamt ent­ wickelte sich das Wiener Rauchfangkehrergewerbe rasch zu einem ökonomisch vielversprechenden Handwerk. Einerseits war das Kehren der Kamine behörd­ lich geboten, andererseits bestand seit etwa der Mitte des 17. Jahrhunderts das Erblichkeitsrecht der Betriebe. Letzteres erlaubte es den Rauchfangkehrermeis­ tern, das Gewerbe fast zu monopolisieren und eine enge Verbindung mit ihren Herkunftsregionen (vorrangig Norditalien, Tessin und Piemont) aufzubauen ; dies wiederum führte zur Fortsetzung enger verwandtschaftlicher Beziehungen, da neu aufgenommene Rauchfangkehrer meist aus diesen Regionen herbeigeru­ fen wurden. Durch dieses Netzwerk blieb das Gewerbe in einer überschaubaren und leicht zu kontrollierenden Gruppe von Meistern. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das italienische Monopol langsam aufgebrochen, und es wanderten junge Männer aus Böhmen, Mähren und Ungarn nach Wien und in andere habsburgische Großstädte, um in der Stadt eine Lehre als Rauchfang­ kehrer aufzunehmen (Steidl 2003 : 138f., 168). Ein zweiter Handwerkszweig, der in der Monarchie über längere Zeit mehr oder weniger fest in italienischer Hand war, ist die Seidenweberei. Die ersten Seidenwebereien wurden im 16. Jahrhundert von norditalienischen und fran­ zösischen Migranten gegründet, doch bereits in der Mitte des 18. Jahrhunderts dominierten in Wien geborene Meister die Seidenmacherzunft, und im 19. Jahrhundert stammten ca. 75 % aller selbständigen Seidenweber aus der Stadt selbst. Dass die Seidenweber ab 1700 staatlichen Schutz genossen, ist darauf zurückzuführen, dass sich Karl VI. aufgrund des vermehrten Bedarfs bei Hof 232 Zu einer genaueren Differenzierung zwischen »Elitenmigration« und »popularer Migration« von ItalienerInnen nach Wien vgl. Ille/Rindler­ Schjerve/Vetter (2009). 233 Vgl. dazu den Begriff der »linguistic landscape« von Gorter (2006).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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