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Österreichisch-italienische Wahrnehmungen 277
relevant. Da den Hochschulen im Allgemeinen ein hoher Symbolwert zuge
schrieben wird, der für Nationalitätenstreits einen speziellen Nährboden ab
geben kann und konnte, manifestierten sich die nationalen und ideologischen
Auseinandersetzungen gerade dort ausnehmend heftig. Im Zusammenhang mit
der Tatsache, dass gerade die Absolventen der Universitäten – Beamte, Ärzte,
Rechtsanwälte, usw. – an politischen Entscheidungsprozessen in besonderem
Maß beteiligt waren (Pichler 2000 : 163), wurde die Universitätenfrage vor al
lem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend brisanter. Der in
Tabelle 20 zum Ausdruck kommende relativ hohe Anteil der Studenten mit
italienischer Muttersprache an den österreichischen Universitäten macht diese
Brisanz deutlich.
Jahr Wien Graz Innsbruck TH Wien TH Graz
1857 4,1 3,7 20,4 2,4 5,3
1863 3,2 10,3 17,9 – –
1873 2,7 16,6 23,3 1,7 10,4
1883 3,3 14,3 15,3 – –
1893 2,2 13,7 13,5 4,2 9,5
1902 2,3 12,7 10,9 4,3 6,9
1913 2,7 15,1 5,5 4,2 8,0
Tabelle 20
Anteile der Studenten italienischer Muttersprache an den österreichischen Universitäten in Pro
zenten (Quelle : Pichler 2000 : 163)244
Nach der Eingliederung Venetiens in das Königreich Italien hatte Österreich
die italienische Universität Padua verloren. Daraufhin wurden in Graz als Aus
gleich juristische Staatsprüfungen auch in italienischer Sprache abgehalten, und
in Innsbruck fanden bis 1904 Vorlesungen in italienischer Sprache statt. Ein
Großteil der Italiener des Reichs gab sich jedoch damit nicht zufrieden und for
derte die Einrichtung einer Universität mit Unterricht in italienischer Sprache
in Triest. Die Regierung versuchte diesem Vorhaben entgegenzuwirken, indem
sie schließlich im September 1904 in Innsbruck die Errichtung einer italieni
schen Rechtsfakultät dekretierte. Am Tage ihrer Eröffnung kam es im Zuge der
sogenannten »Innsbrucker Exzesse« zu blutigen Ausschreitungen zwischen ita
lienischen und den anderen Studenten, und die Fakultät wurde geschlossen, um
244 100 = Gesamtzahl der Studenten der jeweiligen Universität/Hochschule im angegebenen Jahr.
Die Angaben der TH Wien und TH Graz beziehen sich auf das Jahr 1874 und nicht 1873.
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437