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300 Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen
relativ schwach ausgebildeten Strukturen. Das bedeutet nicht, dass die Heraus
bildung dieses Raumes als ahistorisch angesehen werden kann, da zum einen
in seiner Strukturierung auf bestehende Strukturelemente und Formationen zu
rückgegriffen wird und zum anderen auch die Interessen der AkteurInnen, die
vordergründig nur situationsbedingt aufscheinen und für den spezifischen Ver
mittlungsfall konstruiert werden, in Konstellationen auftreten, die auf zum Teil
bestehende Netzwerke zurückgreifen. Die weitgehende Autonomie des Feldes
als weiteres bedeutendes Merkmal ist – trotz des Umstandes, dass jede Autono
mie Konstruktion ist – im Fall der Vermittlung ebenso nur ansatzweise gegeben,
da sich die für jeglichen Transfer konstitutiven Verknüpfungen und Kodierungen
jedes Mal neu ergeben und unter Umständen anderen Spielregeln und Wert
maßstäben folgen, als dies im literarischen (oder religiösen u.ä.) Feld, in das ver
mittelt wird, der Fall ist. Bourdieu skizziert die Herausbildung und Etablierung
des literarischen Feldes auf der Basis von Kodifikations und Konsekrationspro
zessen, die zur Autonomisierung des Feldes in entscheidendem Maß beitragen
und an denen ersichtlich wird, in welch reduziertem Maß sie für die Konzeptua
lisierung eines Übersetzungs oder Vermittlungsraumes anwendbar sind :
Tatsächlich wird in dem Maße, in dem sich das Feld abschließt, die praktische Be
herrschung besonderer Kenntnisse der gesamten Gattungsgeschichte, objektiviert
in vergangenen Werken und registriert, kodifiziert, kanonisiert von einem gan
zen Berufsstand der Bewahrung und Feier, von Kunst und Literaturhistorikern,
Exegeten, Analytikern, Teil der Eintrittsvoraussetzungen in das Feld der einge
schränkten Produktion. (Bourdieu 1997b : 92)
Die für das Funktionieren des Vermittlungsraumes relevanten sozialisierenden
Prinzipien hingegen sind nicht nur von relativ kurzlebiger Natur, sondern auch
– und in enger Relation mit dieser Kurzlebigkeit stehend – einem Wandel un
terworfen, der sowohl durch die Interessen der einzelnen AkteurInnen als auch
durch den (wiederum relativ) geringen Grad an Institutionalisierung im Raum
bedingt ist. Damit widersprechen diese im Vermittlungsraum vorherrschenden
Prinzipien der Logik des literarischen Feldes, da sie stärker fremd bestimmen
den Kräften unterworfen sind und somit einen autonomen Status nur bedingt
zulassen.
In weiterer Folge trifft auch das bourdieusche Prinzip der hierarchischen
Ordnung in den Feldern für den Prozess der Vermittlung nur bedingt zu. Laut
Bourdieu entspricht die Ordnung des Feldes einer Struktur von Machtbezie
hungen zwischen differenzierten AkteurInnen. Hier kommen verschiedene
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437