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306 Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen
Admittedly, Bourdieu does not include translated texts in his theory of fields. There
is, among others, a very simple reason for this. Far from constituting a field of their
own, translated texts are submitted to the same objective logic as the indigenous
texts of the target space. (Gouanvic 2002 : 160)
Diese »Logik«, der Originale wie Übersetzungen gleicherweise unterworfen
sind und die hier das hauptsächliche Argument für die fehlende Existenz ei
nes »Übersetzungsfeldes« darzustellen scheint, wird von Gouanvic insofern re
lativiert, als er zwischen den Legitimationsmechanismen differenziert, die für
die Entstehung eines kulturellen Produkts (Original oder Übersetzung) ver
antwortlich sind, und die Unterschiede zwischen dem von Verlagen erwarteten
kommerziellen Profit von Übersetzungen (wenn der Autor etwa im Original
bereits Erfolge gefeiert hat) und der intellektuellen Befriedigung (wenn etwa
eine neue literarische Form durch die Übersetzung vorgestellt wird) herausar
beitet (Gouanvic 1997a : 127). Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen,
dass Gouanvic das Feld, in dem die Übersetzung stattfindet und von dem aus sie
rezipiert wird, mit dem jeweiligen »Gattungsfeld«, etwa dem literarischen Feld,
ident setzt.260
Wie bereits aus den bisherigen Ausführungen hervorgeht, ist die Gleichset
zung jenes Raumes, in dem Vermittlung/Übersetzung/Transfer stattfindet, mit
einem jeweils spezifischen Feld (literarisches, politisches, religiöses etc.) in kei
ner Weise zulässig. Klaus Kaindl geht in seiner Studie zur Konzeptualisierung
eines »Comics Feldes« davon aus, dass es ein unabhängiges »Übersetzungsfeld«
mit ausgeprägten Strukturen bis heute nicht gibt und führt als Argument die
fehlende Autonomisierung eines solchen Feldes an :
Während z. B. das literarische Feld durchaus als autonomer sozialer Raum betrach
tet werden kann […], ist das Feld der Übersetzung weder hinsichtlich der Posi
tionen der einzelnen Akteure noch hinsichtlich der Werte, die in einem Feld als
Einsatz auf dem Spiel stehen, als eigene Einheit erkennbar. (Kaindl 2004 : 133)
260 Besonders deutlich kommt dieses Anliegen auch in dem folgenden Zitat zum Tragen : »Les textes
traduits sont nécessairement destinés à s’insérer et à se positionner dans un champ spécifique de
l’espace culturel cible, à se soumettre à la logique objective et à jouer le jeu propre au champ où ils
s’insèrent. Toute publication nouvelle, qu’elle soit d’origine indigène ou étrangère, est susceptible
de faire bouger les hierarchies de légitimités dans le champ en cause (ici littéraire) […]« (Gouan
vic 1997b : 35).
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437