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Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 321
Zeitraum der vorliegenden Untersuchung ist die Erkenntnis von Relevanz, dass
mit dem Rückgang eines formelhaften, von Ehrerbietung und Untertänigkeit
geprägten Diskurses in Vorworten ein selbstbewusster Ton in diesen Paratext
Einzug hält, der als Ausdruck des bürgerlichen Selbstverständnisses, aktive/r
TeilnehmerIn am Kulturgeschehen zu sein, interpretiert werden kann und mit
der Entwicklung des Romangenres, dem Vorworte in erster Linie vorangestellt
sind, in Verbindung zu setzen ist. Es scheint hier demnach eine leichte Ver
schiebung vom symbolischen Kapital (Kampf um Legitimation) zum kulturel
len Kapital vorzuliegen bzw. eine Stärkung des symbolischen Kapitals durch
kulturelles Kapital.
Im vorliegenden Korpus liegen 123 Paratexte in Form von Vorwort, Vorrede
etc. vor. Diese sind nicht mit der Zahl an Übersetzungen, die ein Vorwort auf
weisen, gleichzusetzen, da in manchen Fällen zwei solcher Paratexte für ein und
denselben Text vorliegen, wie etwa »Vorrede des Übersetzers« und »Einleitung
des Übersetzers« bzw. »Vorwort des Herausgebers« und »Vorrede des Verfassers«.
Als »Vorwort« wird diese Paratextform 54 Mal bezeichnet, abgefasst wurde es
von AutorInnen, ÜbersetzerInnen und HerausgeberInnen. In den gleichen Zu
sammensetzungen, jedoch nur 21 Mal, wird der Begriff »Vorrede« gebraucht ;
dasselbe gilt für Einleitungen, die 13 Mal genannt werden. Seltener kommen
die Benennungen »Vorbemerkungen« (2), »Vorerinnerung« (2) oder »Eingang«
(1) vor. Ein »Nachwort«, das Genette unter die Kategorie der Vorworte zählt,
wird nur einmal in eine Übersetzung inkludiert, bezeichnenderweise im genet
teschen Sinn mit dem Titel »Nachwort zugleich Vorwort des Übersetzers«. Eine
Übersetzung inkludiert eine »Biographie zum Übersetzer«. Das Korpus weist
des Weiteren 28 Paratexte auf, die eindeutig eine Vorwort Funktion haben, je
doch ohne Bezeichnung sind. Diese sind, wie aus dem Inhalt zu erschließen ist,
sowohl von ÜbersetzerInnen als auch von HerausgeberInnen und in wenigen
Fällen von AutorInnen verfasst.
Ein zeitgebundener Unterschied in der Zuweisung all dieser im weites
ten Sinn als »Vorwort« zu bezeichnenden Paratexte ist nicht feststellbar : Ein
»Vorwort«, eine »Vorrede«, eine »Vorerinnerung« oder auch eine »Einleitung«
sind Übersetzungen von Texten aus allen Jahrhunderten vorangestellt. Auch
sind keine übersetzerInnenspezifischen Vorwortformen zu identifizieren. Die
Tatsache, dass diese Paratexte zwischen 1849 und 1914 erstellt wurden, also in
einer relativ späten Epoche ihrer Geschichte, weist bereits auf die fortgeschrit
tenen Auflösungstendenzen des formelhaften Charakters dieses paratextuellen
Elements hin. Die meisten Vorworte enthalten Informationen zum Autor, zur
Entstehung der Übersetzung, zum Inhalt des übersetzten Werks, zu Gründen
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437