Seite - 327 - in Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 327
erwähnt, was dem Ansehen des Werks sehr zuträglich war und damit auch das
symbolische Kapital der Übersetzung von vornherein positiv beeinflusste. Ei
nige Übersetzer bemühen sich des Weiteren geschickt um Legitimation, indem
sie an die Kompetenz bedeutender AkteurInnen im Feld appellieren. So etwa
der Musikkritiker, Kunstmittler und Libretto Übersetzer Max Kalbeck, der sich
in dem 22 Seiten umfassenden Vorwort seiner Don Giovanni Übersetzung
(318d) dem »kundigen Leser« anvertraut, und zwar besonders dem mit symboli
schem Kapital ausgestatteten »ausübenden Künstler und […] artistischen Leiter
der musikalischen Bühnen«. Die Erwähnung eines bedeutenden sozialen Net
zes, dessen Zustandekommen auch das Vorhandensein von kulturellem Kapital
beim Übersetzer implizit bedingt, ist ein weiteres Indiz für das Bemühen um
Legitimation im Feld, wie die Ausführungen des Schriftstellers und Übersetzers
Friedrich Adler im Vorwort seiner Übertragung von Vincenzo Montis Basvilli-
ana (872b) beweisen, die einen Dank an Paul Heyse und Robert Hamerling für
ihre »freundliche Aufmunterung« enthalten ; auch der bereits erwähnte Eugen
Guglia betont im Vorwort der Römischen Elegie (344), dass ihm der Dichter und
Übersetzer Hermann Ubell die Übernahme der letzten Korrektur abnahm. Die
Erwähnung, dass die vorgelegte Übersetzung (eines medizinischen Fachtextes,
808e) gleichzeitig ins Russische und Englische übersetzt werde, verweist ebenso
auf das Ringen um Legitimation der eigenen Arbeit.
Die in den Vorworten zum Ausdruck kommenden Steuerungselemente
vonseiten der AkteurInnen hinsichtlich der Aufnahme der übersetzten Werke
können sich zu einem Konstruktionsgefüge verdichten, in dem explizite Sinn
zuschreibungen stattfinden, die eine spezifische Wahrnehmung des italienischen
»Anderen« durch die Ausführungen im Paratext zu konstruieren suchen. Be
sonders deutlich manifestieren sich diese Konstruktionsmechanismen in jenen
Vorworten, die den Nord Süd Diskurs thematisieren. Dieser ist vor allem in
den Paratexten zu lyrischen Dichtungen enthalten, die – zunächst – ein Stim
mungsbild für die Lektüre des nachfolgenden Werkes entwerfen. Peter Moser
(Pseudonym : J. E. Waldfreund), Gymnasiallehrer und Folklorist in Rovereto,
stellte seiner 1860 erschienenen Übersetzung von Giovanni Pratis Torquato
Tasso’s letzte Stunden (1052) ein Vorwort voran, das die Dichotomie von grim
miger, steiniger Alpengegend und »sonnenhellem Süden« in den Vordergrund
rückt und die »uralten versteinerten Geheimnisse« der Alpen der Ruhe »unter
dunklen Zypressen« entgegensetzt ; die erst kurz zuvor stattgefundene kriegeri
sche italienisch habsburgische Auseinandersetzung im sogenannten »Zweiten
Unabhängigkeitskrieg« (1859), als dessen wichtigste Folgewirkung die Lom
bardei von den Österreichern an Piemont abgetreten wurde, wird hier von der
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437