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Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 333
der Leserin überlassen. In jedem Fall ist das Motto als »ein Signal […] für
Kultur, ein Losungswort für Intellektualität« zu verstehen (vgl. Genette 2001 :
153f.). Das Motto wird erst relativ spät in das Buchbeiwerk inkludiert. So sind
vor dem 17. Jahrhundert kaum Motti dokumentiert ; wird jedoch das Motto als
»Wahlspruch« oder »AutorInnendevise« gesehen, so hat es in diesen Paratext
formen seinen aus der Antike herrührenden Vorläufer. Es tritt im Verlauf des
18. Jahrhunderts vermehrt auf und ist in dieser Zeit eher philosophischen oder
künstlerischen Texten vorangestellt als einem Lyrikband oder einem Roman. Im
19. Jahrhundert wird es zwar in alle gängigen Genres aufgenommen, jedoch ist
insgesamt eher eine abnehmende Tendenz seiner Präsenz zu verzeichnen.
Das vorliegende Korpus weist nur zwei Motti auf, die aller Wahrscheinlich
keit nach von den VerfasserInnen eingefügt wurden. Ein Motto ist auf dem
Titelblatt platziert, die beiden anderen am Beginn des jeweiligen Romans bzw.
Romanauszugs. Das erstgenannte Motto ist dem Titel des Buchs Filosofische
Betrachtungen über die Katze (1062) von Giovanni Rajberti (1851) beigefügt und
lautet »Viele nennt man Löwen, welche doch nur Katzen sind. – Buch der Weis
heit«. Die hier ausgewiesene Funktion ist die Präzisierung des Werks, und im
Speziellen des Titels. Die Quellenangabe des Zitats verweist zum einen auf den
inhaltlichen und gattungsmäßigen Charakter des Buches – eine philosophische
Abhandlung mit zahlreichen Bezügen auf Philosophen der Aufklärung –, und
zum anderen auf das Merkmal der Weisheit des Betrachtungsgegenstandes, der
Katze. Hier wird somit vorrangig an das kulturelle Kapital der LeserInnen ap
pelliert und mittels des Hauptthemas »Weisheit«, deren tugendhaften Charak
ter der Verfasser damit in Anspruch nimmt, auch an das symbolische Kapital.
Das andere Motto stammt aus dem Jahr 1897 : Auszüge aus Gabriele
D’Annunzios Roman Die sieben Brunnen (373) erschienen in der Wiener Rund-
schau mit einem Motto, das zwischen Titel und Autor bzw. Übersetzerangabe
und dem ersten Kapitel eingefügt ist : »Eine holde Mischung von Schatten und
Licht liegt auf den Gesichtern derer, die an den Thüren von jenen Wohnungen
sitzen, welche dunkel sind. – Leonardo da Vinci«.
Trotz der relativ schwachen Präsenz des Mottos in den untersuchten Über
setzungen ist seine Symbolträchtigkeit, wie aus diesen beiden Beispielen her
vorgeht, nicht zu verleugnen. Auch Genette hebt das Moment der Konsekration
bzw. Legitimation hervor und schreibt damit dem Motto – indirekt – das in den
Beispielen festgestellte kulturelle und symbolische Kapital zu :
Solange hypothetische Besprechungen in den Gazetten, Literaturpreise und an
dere offizielle Anerkennungen auf sich warten lassen, ist es bereits ein wenig die
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437