Seite - 337 - in Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 337
von 1848 bis 1918 muss notwendigerweise rudimentär sein, erscheinen doch
die Ausgangsbedingungen in ihrer Gesamtschau für eine solche Darstellung zu
komplex, um die für die translatorische Produktion relevanten Konstellationen
von wirtschaftlicher, sozialer, politischer oder kultureller Bedingtheit umfassend
und ihrem Wandel über die Jahrzehnte entsprechend modellhaft präsentieren
zu können. Ein solches Unternehmen kann somit nur vereinfachend und unter
Berücksichtigung der wichtigsten Rekonstruktionselemente erfolgen, wobei je
doch darauf geachtet werden soll, die Überlappungsbereiche zu relevanten Fel
dern in den Blick zu nehmen. Eine Konzentration auf die Residenzhauptstadt
Wien als Kristallisationspunkt des geistigen Lebens der Monarchie erscheint
bei diesem Unterfangen zweckmäßig und durch die Anhäufung von in Wien
erschienenen Übersetzungen aus dem Italienischen gerechtfertigt, was jedoch
nicht heißen soll, dass andere Zentren a priori aus der Diskussion ausgeschlos
sen werden. Anknüpfend an die obige Differenzierung zwischen »Feld« und
übersetzerischem »Vermittlungsraum« werden in diesem Abschnitt die Instan
zen der translatorischen Vermittlung in den Vordergrund gerückt.
Grundbedingungen einer Rekonstruktion des habsburgischen Vermittlungsraumes
Im Vermittlungsraum, der hier als mit spezifischen Merkmalen ausgestatte
ter sozialer Raum konzipiert wird, sind verschiedene Kräfte tätig, die in ihrer
Gesamtheit den Raum als gebündelte Machtkonstellation erscheinen lassen.
Ebenso wie in den sozialen Feldern im herkömmlich bourdieuschen Sinn be
steht hier ein wechselseitiges Bedingungsverhältnis der Handlungspositionen
der einzelnen AkteurInnen einerseits und der objektiven Raumstrukturen an
dererseits. Dieses Verhältnis ist jedoch keineswegs statisch zu sehen, sondern ist
einer permanenten Dynamik unterworfen, die für das (zumindest vorüberge
hende) Bestehen des Vermittlungsraumes konstitutiv ist und die unter anderem
auf der antagonistischen Beziehung zwischen VertreterInnen der sogenannten
»Häresie« und der »Orthodoxie« beruht.268 Die VertreterInnen der »Orthodo
xie« monopolisieren weite Teile der für sie relevanten Kapitalarten und ringen
damit – stets ausgehend von der eigenen Habitusdisposition – um wichtige
Positionen im Raum, während diejenigen, die mit geringem Kapital (vor al
lem symbolischem) ausgestattet sind, eher »zu Strategien der Häresie« neigen
(Bourdieu 1993 : 109). Die Dynamik im Raum ist des Weiteren bedingt durch
verschiedene Legitimationsbemühungen, die einerseits in der Selektion eines
268 Bourdieu verwendet diese Begriffe in Ausweitung der Begriffe aus Webers Religionssoziologie.
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437