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Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 341
AkteurInnen und Institutionen können als Hauptverantwortliche für das Zu
standekommen von Übersetzungen in ihrer jeweiligen Form bezeichnet werden.
Lefevere versteht darunter »persons [… or] groups of persons, a religious body,
a political party, a social class, a royal court, publishers, and, last but not least,
the media, both newspapers and magazines and larger television corporations«
(Lefevere 1992 : 15). In diese (bei Weitem nicht vollständige) Liste können auch
jene AkteurInnen inkludiert werden, die im transferrelevanten Literaturbe
trieb eine zentrale Rolle einnehmen – die VermittlerInnen. Im habsburgischen
Kontext handelt es sich dabei um Personen, die »hauptberuflich« Schriftstelle
rInnen, LiteraturkritikerInnen oder Journalisten waren und zumeist nebenbei
Übersetzungen ausführten. Zu nennen ist etwa Otto Eisenschitz (1863–1942
in Theresienstadt), Redakteur in zahlreichen Zeitschriften in Wien, Dramaturg
und Regisseur des Josefstädter Theaters und Verfasser zahlreicher Bühnenstü
cke und Novellen. Seine Übersetzungen aus dem Italienischen konzentrieren
sich auf zeitgenössische italienische Literatur wie Roberto Bracco, Guglielmo
Ferrero, Antonio Fogazzaro, Marco Praga oder Giovanni Verga. Eisenschitz’
Tätigkeit als Feuilletonist, Kulturjournalist und vor allem als Dramaturg und
Regisseur positioniert ihn nicht nur an der Schnittstelle verschiedener Felder,
sondern auch in einem Zwischen Raum der Vermittlung, der kontinuierlich
seine Tätigkeit des »Aushandelns« erforderlich machte. Gleichzeitig brachte sie
ihm genügend soziales und symbolisches Kapital ein, um in der Selektion der
zu übersetzenden Werke autonome Entscheidungen zu treffen. Er publizierte
den Großteil seiner Übersetzungen (insgesamt 16) im renommierten Wiener
Verlag, der sich auf Belletristik spezialisiert hatte und zu dem der Übersetzer
offensichtlich gute Verbindungen hatte. Die Übersetzungen erschienen zwi
schen 1900 und 1905 (der Verlag wurde 1899 gegründet und schloss 1908 seine
Pforten ; vgl. Reyhani 1971 und Hall 1985 : 90ff.), während Eisenschitz’ Über
setzertätigkeit (zumindest aus dem Italienischen) sich insgesamt über 20 Jahre
(1895–1914)274 erstreckte – ein Beweis für die Kurzlebigkeit sozialer Beziehun
gen im Vermittlungsraum.
Einen Sonderfall stellt Otto Hauser (1876–1944) dar. Er publizierte Ro
mane, Erzählungen und Lyrikbände, fand jedoch hauptsächlich als Übersetzer
Detail nachzeichnet und die Netzwerke zwischen Verlegern, Autor und VermittlerInnen analy
siert.
274 Eisenschitz publizierte auch in deutschen Verlagen und Zeitschriften ; insgesamt erschienen von
ihm zwischen 1891 und 1914 28 Übersetzungen, davon 16 in der Habsburgermonarchie und 12
im Deutschen Reich.
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437