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360 Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen
zungsproduktion auch in der Habsburgermonarchie nachzuweisen, was nicht
zuletzt auf die Ausformung eines professionalisierten Buchmarktes zurückzu
führen ist und sich sowohl in der Herausbildung dichter sozialer Netze im Um
feld von Verlagen als auch in der zunehmenden Nutzbarmachung des Mediums
Zeitschrift bzw. Zeitung für die Veröffentlichung von Übersetzungen nieder
schlägt. Abweichungen von den Trends sind in mehreren Bereichen zu veror
ten : Erstens schien die Gepflogenheit der Buch und Zeitschriftenverlage, die
Namen der ÜbersetzerInnen anzugeben, in der Habsburgermonarchie weniger
stark verbreitet zu sein, wobei anzumerken ist, dass sich bei einer relativ gerin
gen Übersetzungsproduktion wie der österreichischen – zumindest gegenüber
den »deutschen« Nachbarn – die diesbezüglichen Konventionen auch nur we
niger Verlage auf die entsprechenden Zahlen erheblich auswirken können. Ein
weiterer Unterschied ist in der geschlechtsspezifischen Zusammensetzung der
ÜbersetzerInnen zu finden : In der Habsburgermonarchie waren weit weniger
Frauen als Übersetzerinnen tätig, was vorrangig auf mangelndes soziales Kapital
schließen lässt. So sind Frauen zwar im gesamten deutschen Sprachraum in der
Übersetzung von Romanen tendenziell stärker vertreten als in anderen Gattun
gen, doch konzentrieren sich die Übersetzungen im Deutschen Reich eher in
den Händen weniger Übersetzerinnen wie Maria Gagliardi (von ihr liegen für
den Zeitraum 1899 bis 1913 neun Übersetzungen vor) oder Katharina Brenning
(sie fertigte zwischen 1892 und 1910 acht Übersetzungen an) ; die Translate
beider Übersetzerinnen konzentrieren sich auf wenige Verlage, was auf enge
Kommunikationsnetze schließen lässt.
Die Rekonstruktion des habsburgischen »translatorischen Vermittlungsrau
mes« gründet auf der Erkenntnis, dass die bourdieusche Feldtheorie den Pro
zess der Vermittlung nicht ausreichend zu erfassen vermag. Aus diesem Grund
wurde das theoretische Modell von Pierre Bourdieu durch die Denkfigur des
Dritten Raums nach Homi Bhabha erweitert, was nicht nur der Temporärität
des Vermittlungsraumes entspricht, sondern auch der Positionierung der Haupt
akteurInnen und ihrer Handlungen in einem »Zwischenraum«, dessen Konzep
tualisierung in der Feldtheorie von Bourdieu aufgrund unterschiedlicher Funk
tionsprinzipien nicht angedacht werden kann. Davon ausgehend wurden die im
»übersetzerischenVermittlungsraum« der Habsburgermonarchie erarbeiteten
Paratexte einer detaillierten Analyse unterzogen. Von besonderem Erkenntnis
interesse erscheint dabei der durch die Untersuchung herausgearbeitete über
setzerische Habitus. Vor allem aus der Analyse der Vorworte ist ersichtlich, dass
durch die expliziten und argumentativ untermauerten Darlegungen der eigenen
Übersetzungsstrategien der ÜbersetzerInnen sowie einer in den Paratexten zum
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437