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368 Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen
und zumeist daraus resultierenden territorialen Verschiebungen oder auch in
der Kenntnis »fremder« Sprachen – die oft zwanghaft durch Migration erlernt
werden – verortet werden.
Grafik 20 veranschaulicht – unter den üblichen Vorbehalten der mit der Dar-
stellung solcher Prozesse verbundenen Vereinfachung – die Kommunikations-
und Übersetzungsvorgänge der Habsburgermonarchie.
»Plurikultureller Kommunikationsraum der Habsburgermonarchie«
Die von Moritz Csáky vertretene Sicht von Kultur als »offener Kommunikati-
onsraum« (2009 : 23) kann als Grundlage für die Konzeptualisierung eines »plu-
rikulturellen Kommunikationsraums der Habsburgermonarchie« gelten. Csáky
geht davon aus, dass unter Kultur »das gesamte Ensemble von Elementen, Zeichen,
Codes oder Symbolen zu verstehen [ist], mittels derer Individuen in einem sozialen
Kontext verbal und nonveral kommunizieren« (ibid., Hervorh. i. O.). Die in einem
dynamischen Prozess ablaufenden »Verhaltensweisen« in einer Kultur werden
andauernd performativ ausgehandelt, was für die Sicht von einem »Kommuni-
kationsraum« der Kultur zur Folge hat, dass Lebenswelten und Machtverhält-
nisse stets durch die Setzung oder Vermeidung von Elementen, Zeichen und
Codes neu konstituiert werden. Von besonderem Nutzen für die vorliegende
Modellierung eines »habsburgischen Kommunikationsraums« ist der Aspekt,
dass ein solcherweise erweiterter Kulturbegriff nicht zwischen Hoch- und All-
tagskultur unterscheidet und zusätzlich essenzialistischen Sichtweisen von Kul-
tur keinen Vorschub leistet, was Csáky insbesondere am Beispiel der Sprache
festzumachen sucht :
Man denke beispielsweise an die andauernde, dynamische Veränderung einer kon-
kreten, gesprochenen Sprache, mit ihren neuen Wortschöpfungen, Wortverände-
rungen, Sinnzuweisungen, wobei kontinuierliche Anleihen aus anderen konkreten
Sprachen, das heißt sprachlichen Kommunikationsräumen hinzukommen. (Ibid.:
24)
Die hier geschilderte Palette von den Kommunikationsraum konstituierenden
Elementen wird für den vorliegenden Kontext durch die in den vorherigen Ka-
piteln konzipierten Translationstypen erweitert : Der »plurikulturelle Kommu-
nikationsraum der Habsburgermonarchie« ist durch zahlreiche Übersetzungs-
prozesse gekennzeichnet, die zu einem beachtlichen Teil dem umfassenderen
Bereich des Kommunikationsgefüges der Gesamtmonarchie zuzurechnen sind.
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437